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Etappe 8: Braga – Yak Kharka (4.020 m), 5 h

Fab und ich waren uns erst nicht sicher, ob wir heute schon weiter laufen oder lieber noch eine Nacht in Braga bleiben wollten. Es gab noch Einiges zu sehen in der Gegend, zum Beispiel eine Höhle oder ein großes Kloster kurz vor Braga, welches schon von außen total faszinierend aussah. Aber irgendwie kam langsam diese Unruhe, fast schon Nervosität auf, weil wir dem Pass bereits so nahe waren und die Aufregung langsam stieg. Fab wollte es endlich hinter sich bringen und das konnte ich gut verstehen. Beim Frühstück fassten wir deswegen den Entschluss, uns heute auf den Weg nach Yak Kharka zu machen. Das bedeutete allerdings auch, dass wir heute die richtigen Bergdörfer hinter uns lassen und in Höhen aufsteigen würden, wo außer in den vereinzelten Lodges noch nicht einmal mehr die Einheimischen leben. Heute würden wir das erste Mal auf über 4.000 m Höhe schlafen. Ab heute wurde es ernst.

Bevor wir unsere Sachen packten, huschten wir noch einmal unter die heiße Dusche und wuschen unsere Haare. Schließlich konnte man ja nicht wissen, wann wir das nächste Mal warmes – oder überhaupt fließendes – Wasser bekommen würden. Danach verabschiedeten wir uns schweren Herzens von Linda und Thomas. Thomas ging es leider gar nicht gut. In der Nacht hatte er teilweise mit Atemnot zu kämpfen und beim Frühstück brannte ihm Lunge. Keiner wusste, ob es an der Höhe lag oder er sich eine Infektion eingefangen hatte. Weiter aufsteigen kam für ihn jedenfalls erstmal nicht in Frage. Wir mussten also alleine weiter. Immerhin waren meine Kopfschmerzen über Nacht völlig abgeklungen, sodass wir bedenkenlos die nächste Etappe in Angriff nehmen konnten.

Bis nach Manang verlief der Weg ganz entspannt am Fluss entlang über die Jeep-Piste. Die Piste endete jedoch am Ortseingang von Manang endgültig. Ein weiteres Zeichen dafür, dass wir die besiedelten Gegenden auf dieser Seite des Passes nun verlassen würden. Wir liefen durch Manang, vorbei an all den Lodges, Bäckereien und kleinen Läden. In zwei der Bäckereien machten wir einen kurzen Stopp, um uns noch etwas zu stärken und Marschverpflegung einzukaufen. Im Ortszentrum mussten wir bei einem ACAP Check-Post noch einmal unsere Permits vorzeigen. Neben dem Check-Post stand eine hübsche Chörte mit Gebetsmühlen, von der aus man einen ziemlich guten Ausblick auf den Gangapurna-Gletscher hat.

Manang
Gebetsmühlen in Manang

Wir verließen den Ort durch enge Gassen und folgten dann dem Wanderweg vorbei an einigen Feldern. Da wir erst gegen 10.30 Uhr in Braga aufgebrochen waren und anschließend in Manang noch recht viel Zeit verplempert hatten, war es mal wieder viel zu spät. Das Problem ist nämlich, dass es auf diesen Höhen ab dem Mittag sehr, sehr windig wird und auch wir es mit starken Windböen zu tun bekamen, nachdem wir Manang verlassen hatten. Auch waren inzwischen wieder einige Wolken in die Bergspitzen gezogen, wodurch es mitunter richtig kalt wurde. Das Laufen wurde dadurch ziemlich ungemütlich. Dafür hatten wir unterwegs einen schönen Blick auf das Tal und auf das hinter uns liegende Manang.

Blick zurück auf das Manang-Tal

Nach etwa zwei weiteren Stunden kamen wir nach Gunsang, wo eine Lodge mit einer kleinen Dachterrasse stand. Wir fragten die Besitzerin, ob wir mal hinauf gehen dürften und glücklicherweise ließ sie uns auch. Von der Dachterrasse hatte man eine tolle Aussicht auf die Annapurna II, IV und III sowie den Gangapurna.

Ausblick von Gunsang

Das Manang-Tal hatten wir inzwischen verlassen, um weiter Richtung Norden und tiefer in die Berge zu gelangen. Es war bereits hinter einem Berghang verschwunden und kaum noch zu sehen. Von nun an gab es nur noch alpines Gelände. Trotzdem war der weitere Weg von Gunsang aus eher eben und anspruchslos. Je mehr wir Richtung Norden kamen und uns vom Manang-Tal entfernten, desto weniger war allerdings auch von den Annapurnas zu sehen, die hinter uns im Süden lagen und langsam hinter anderen Bergen verschwanden. Ab und zu blitzte mal noch eine schneebedeckte Eiswand hervor, aber so nach und nach kamen wir immer tiefer in das Gebirge und außer den Bergen direkt neben uns war kaum noch etwas anderes zu sehen. Auf einer flachen Ebene sammelten eine alte nepalesische Dame und zwei europäisch aussehende Ausländer den getrockneten Dung von Yaks ein. Den Dung benutzen die Einheimischen hier vor allem zum Befeuern ihrer Öfen. Trotzdem ist es irgendwie komisch zu sehen, wie das Zeug mit bloßen Händen eingesammelt wird.

Danach dauerte es gar nicht mehr so lange, da erreichten wir auch schon Yak Kharka. Der Ort besteht nur aus vier Lodges, mehr gibt es hier nicht. Es war so circa 15.30 Uhr und bereits ziemlich dunkel. Wir konnten schon von außen erkennen, dass die Lodges recht gut besucht waren und vermutlich nicht mehr allzu viele Trekker nach uns kommen würden. Wir suchten uns die größte Lodge heraus und ließen uns ein Zimmer zeigen. Die Unterkünfte waren hier oben deutlich einfacher und rustikaler als bisher, aber immerhin war noch eines der wenigen Zimmer mit eigener Toilette für uns übrig. Fließendes Wasser gab es hier schon nur noch in Form eines dünnen Schlauchs, der neben der Lodge am Wegrand auf der Wiese lag und aus dem es ganz leicht tröpfelte. Aber das Wasser war so irre kalt, dass man es ohnehin nur im äußersten Notfall nutzen wollte. Nach unserer Ankunft hatten wir uns nur kurz die Hände waschen wollen, aber ein paar Sekunden unter dem Wasser hatten gereicht, damit wir unsere Finger bereits nicht mehr spüren konnten.

Yak Kharka

In unserer Lodge gab es einen kleinen Gemeinschaftsraum mit einem Holzofen, der vollgepackt mit (überwiegend jungen) Wanderern war (der Raum, nicht der Ofen). Trotzdem hörte man kaum einen Mucks. Die meisten starrten auf ihre Handys (erstaunlicherweise gab es hier nämlich tatsächlich WLAN), andere lasen oder schrieben Tagebuch. Alle sahen völlig erschöpft aus und wollten einfach nur noch ihre Ruhe haben. Gefallen hat es uns in der Lodge überhaupt nicht. Die Besitzer waren absolut unfreundlich und hatten sichtbar überhaupt keinen Bock. Wenn man sie ansprach, reagierten sie entweder überhaupt nicht oder schnauzten einen nur an. Das Essen war nicht sonderlich lecker und rumorte selbst am nächsten Tag noch in unseren Mägen. Wir gingen deswegen mal wieder direkt nach dem Essen ins Bett und gönnten uns einen langen Schlaf.

Akklimatisierung am Ice Lake (4.635 m), 8.15 h

Nach dem irre anstrengenden Aufstieg von Pisang nach Ghyaru vor zwei Tagen wollten wir eigentlich gar nicht wissen, wie sich der angeblich anstrengendste Teil des ganzen Annapurna Circuits anfühlt. Trotzdem wollten wir den etwa vierstündigen Aufstieg zum Ice Lake unbedingt in Angriff nehmen. Allein schon wegen der grandiosen Aussicht, die man von da oben haben soll. Vor allem aber auch, weil der Ice Lake auf über 4.600 m liegt und dieser Tagesausflug unsere Körper perfekt auf das Kommende vorbereiten würde. Dennoch: Der Höhenunterschied zwischen Braga und dem Ice Lake beträgt fast 1.170 m und das muss man bei der dünnen Luft auch erstmal in vier Stunden schaffen.

Damit wir nicht abends im Dunkeln den Berg hinuntersteigen müssen, war heute mal wieder zeitig Aufstehen angesagt. Wir trafen uns mit Linda und Thomas zum Frühstück und starteten dann gemeinsam um 8 Uhr unseren Ausflug. Zunächst durchquerten wir den eigentlichen Ort Braga. Braga besteht nämlich so gesehen aus zwei Teilen: dem alten Ortskern und den Lodges daneben an der Jeep-Piste. Braga liegt genau vor dem Berg, den wir heute hinaufklettern wollten. Hinter dem Ort ging es also direkt mit dem Aufstieg los. Wir konnten bereits weiter oben ein Plateau erkennen, welches laut Karte auf halben Weg zum See liegen sollte. Sah eigentlich gar nicht so schlimm aus, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir kamen gut voran und gewannen schnell an Höhe. Braga wurde unter uns immer kleiner und der Ausblick auf das Manang-Tal immer besser.

Manang-Tal mit Braga vorne und Manang hinten am Fluss; im Hintergrund ist die Grand Barriere mit der schneebedeckten Tilicho Peak (7.134 m)

Nach nur einer halben Stunde waren wir dem Plateau schon so nahe, dass wir für die Strecke bis zum See wohl kaum die kompletten vier Stunden benötigen würden. Der Weg war steil und sehr steinig. Wieder mussten wir aller paar Minuten anhalten und durchatmen. Der Sauerstoffmangel machte sich inzwischen deutlich bemerkbar und das Laufen fiel uns mit jedem Schritt schwerer. Als wir dann am Plateau ankamen, wurde der Blick auf ein zweites, weit über uns liegendes Plateau frei. Erschreckend wurde uns klar, dass wir längst noch nicht dort waren, wo wir eigentlich zu sein dachten. Stattdessen waren wir sogar noch so weit davon entfernt, dass ich plötzlich jeden Willen zum Laufen verloren hatte. Wirklich, von der einen Sekunde auf die Andere ist mir die Lust sowas von vergangen, dass ich am liebsten einfach umgedreht wäre. Aber natürlich quälte ich mich weiter den Berg hinauf bis zum nächsten Plateau auf ca. 4.000 m Höhe. Halbzeit. Auf dem Plateau stand ein keines Steinhaus, das offenbar noch recht neu war. Weder unser Wanderführer, noch die Karten von Linda und Thomas schienen dieses kleine Häuschen zu kennen. Mit einer Steinmauer war eine kleine Terrasse abgegrenzt, auf der ein einzelner Tisch stand. Diesen verließen gerade ein paar Wanderer, sodass wir ihren Platz einnehmen konnten. Wir bestellten uns eine Kanne Tee und gönnten uns eine wohlverdiente Pause. Überall auf dem Plateau wehten bunte Gebetsfahnen in der Sonne. Der Himmel war strahlend blau und die Aussicht von hier oben ohne jeden Zweifel die mit Abstand Beste auf diesem ganzen Trip. Wir konnten von hier aus nicht nur die Annapurna II (7.937 m) sehen, sondern auch die Annapurna IV (7.525 m), den Gangapurna (7.455 m), den Glacier Dome (7.202 m) und die Grande Barriere mit der Tilicho Peak (7.134 m). Sogar die Landslide Area auf dem Weg zum Tilicho Lake war von hier aus deutlich zu erkennenn. Wir konnten gar nicht aufhören, auf die massiven Bergriesen zu starren und unzählige Fotos zu machen. Es war einfach traumhaft schön.

Teehaus auf ca. 4.000 m

Trotzdem mussten wir schon bald weiter. Der Aufstieg war so anstrengend, dass er uns nicht nur den Atem raubte, sondern auch die Nerven stark strapazierte. Immer wieder glaubten wir, es fast geschafft zu haben. Immer wieder konnten wir in der Ferne ein Plateau erkennen, von dem wir hofften, dass es das Ende unseres Aufstiegs bedeutet. Und immer wieder wurden wir enttäuscht. Jedes Mal, wenn wir endlich eines der Plateaus erreichten, wurde ein weiterer Hang mit einem weiteren Plateau sichtbar. Und so quälten wir uns weitere zwei Stunden den Berg hinauf. Bis wir dann endlich auf eine große Ebene kamen, auf der ein Weg nahezu ausschließlich geradeaus bis zum Ice Lake führte. Vor dem Ice Lake stand eine kleine Stupa, an der ein ausgetrampelter Pfad vorbeiging. Dieser Pfad brachte uns an das gegenüberliegende Ufer des Sees, von wo aus man einen hervorragenden Blick auf den See und die Bergkette im Hintergrund hat. Es stimmt durchaus, was wir über diesen Ort gelesen haben: Der See selbst ist nichts Besonderes, aber die Aussicht auf dem Weg hierher ist einfach so unfassbar überwältigend, dass sie einem teilweise schon Gänsehaut über den Körper treibt. Vor allem weil man immer das Wissen im Kopf hat, wie unglaublich groß diese Berge sind, vor denen man da gerade steht.

Ice Lake (4.635 m)

Lange wollten wir hier oben eigentlich auch gar nicht bleiben. Es war bereits ca. 12.30 Uhr und für den Abstieg planten wir etwa 3 Stunden ein. Da wir uns vorgenommen hatten, gegen 16 Uhr wieder in unserer Lodge zu sein, blieb uns ohnehin nicht allzu viel Zeit. Hinzu kam aber auch, dass ich mittlerweile ziemlich starke Kopfschmerzen bekommen hatte und schon allein deswegen so schnell wie möglich wieder in niedrigere Gefilde absteigen wollte. Wir setzten uns in die Wiese, naschten unsere mitgebrachten Snacks und machten ein paar Fotos von diesem herrlichen Panorama. Dabei verging die Zeit viel schneller als gedacht. Irgendwie waren wir dann letztlich doch weit mehr als eine Stunde hier oben am Ice Lake, bevor wir dann endlich wieder aufbrachen. Inzwischen war zu meinen Kopfschmerzen auch noch Übelkeit hinzu gekommen und ich wollte keine Minute länger auf dieser Höhe bleiben. Wir marschierten zügig wieder über die Ebene zurück zum Hang, an dem wir uns dann den steilen Weg hinunter arbeiteten. Zwischendurch machten wir nochmal eine kurze Pause, weil Fab unbedingt von einem ganz bestimmten Punkt das Panorama fotografieren wollte. Und dann liefen wir ohne weitere Pause so schnell wir konnten zurück nach Braga. Tatsächlich kamen wir sogar kurz nach 16 Uhr wieder in unserer Lodge an, wo wir direkt unser Essen bestellten. Meine Kopfschmerzen waren noch immer so stark wie zuvor und ich war so hundemüde, dass ich sofort hätte einschlafen können. Obwohl mein Magen total knurrte, war ich viel zu fertig, um meinen ganzen Gemüseburger aufzuessen. Ich überließ ihn Fab, schnappte meine Sachen und ging in Bett, wo ich direkt einschlief.

Etappe 7: Ngawal – Braga (3.470 m), 3.30 h

Wir waren die Letzten, die am Morgen die Lodge verließen. Und das, obwohl wir schon um 9 Uhr aufgebrochen sind. Im Vergleich zu den letzten Tagen war das eigentlich recht früh, zumal wir heute den entspanntesten Streckenabschnitt auf dem ganzen Trek vor uns hatten. Denn auch unser heutiger Tag war der Akklimatisierung gewidmet, weswegen wir zur Abwechslung mal abstiegen, statt noch mehr an Höhe zu gewinnen.

Wir kamen dem Pass immer näher. Nur noch etwa 9 km von Ngawal entfernt lag schon Manang, das letzte richtige Dorf auf dieser Seite des Passes. Die meisten Trekker legen in Manang einen Akklimatisierungstag ein, da dieses Dorf recht viel zu bieten hat. Es gibt nette Unterkünfte, leckere Bäckereien, Shops für Souvenirs und Trekking-Ausrüstung sowie einige schöne Möglichkeiten für Side-Trips. Zum Beispiel kann man von Manang aus einen dreitägigen Ausflug zum traumhaften Tilicho Lake machen, der als höchstgelegener See der Erde gilt, obwohl er es scheinbar gar nicht ist. Er liegt auf 4.919 m Höhe und ist deswegen für die Akklimatisierung bestens geeignet. Was den Tilicho Lake aber so besonders macht, ist die sogenannte Grande Barriere am südwestlichen Seeufer – eine steile, fast schon angsteinflößende Eiswand mit der Tilicho Peak auf 7.134 m Höhe. Das Problem dabei: Der Weg zum Tilicho Lake hat es echt in sich. Er führt teilweise auf einem sehr engen Pfad durch eine äußerst steile Landslide-Area mit hoher Steinschlaggefahr und tiefem Abgrund neben den Füßen. Für uns war das jedenfalls nichts, so gerne wir den See auch gesehen hätten.

Weniger schwindelfreie Menschen wie ich können stattdessen einen Tagesausflug zum Ice Lake auf 4.635 m Höhe machen. Man liest immer wieder, dass zwar der Ice Lake selbst nicht sonderlich schön ist, aber dafür die Aussicht die Beste auf dem ganzen Circuit. Allerdings liest man auch, dass der Weg dort hin der anstrengendste Part auf dem Trek sei. Das wollten wir am nächsten Tag herausfinden.

Ausgangspunkt für den Ausflug zum Ice Lake ist das kleine Dorf Braga ca. 30 Minuten vor Manang. Um also nicht noch einmal von Manang zurücklaufen zu müssen, wollten wir uns einfach gleich eine Lodge in Braga suchen. Von Ngawal aus führen drei Wege nach Braga. Der kürzeste Weg führt zunächst direkt hinunter ins Tal und dort dann weiter über eine sandige Straße und dauert ca. 2 Stunden. Von dieser Strecke hat uns aber die Dame in unserer Lodge abgeraten, weil sie einfach viel zu staubig ist. Ein zweiter Weg nimmt eine zusätzliche Stunde in Anspruch und verläuft durch das alte Dorf Julu, bis er dann irgendwann in die staubige Straße mündet. Und ein dritter Weg verläuft die ganze Zeit oben am Berghang, bietet einen tollen Ausblick und dauert über vier Stunden. Wir wählten die mittlere Variante, weil wir zeitig in Braga ankommen wollten. Wir mussten dringend Wäsche waschen und unsere Haare konnten auch mal wieder etwas Seife vertragen. Die letzten Tage war das nicht möglich gewesen, weil wir immer erst so spät angekommen waren, dass die Sonne schon verschwunden war. Jetzt aber hatten wir die Chance, die warme Mittagssonne zu nutzen, um Wäsche und Haare trocknen zu lassen. Und höchstwahrscheinlich war Braga vorerst auch der letzte Ort mit einer warmen Dusche. Linda und Thomas entschieden sich für die längere Route mit der tollen Aussicht. Wir einigten uns daher schon beim Frühstück auf eine bestimmte Unterkunft (von der ein Plakat neben unserem Tisch hing) sowie darauf, dass Fab und ich gleich zwei Zimmer besorgen. Und so würden wir uns dann am Nachmittag direkt wiederfinden.

Wir starteten die Tour zunächst gemeinsam, da unser Weg bis Julu der Gleiche war. Wir liefen Richtung Norden, noch etwas den Berg hinauf und von dort an weiter nach Westen. Die Aussicht war einfach absolut unglaublich. Wir waren inzwischen auf einer Höhe, auf der man sich den Bergriesen schon richtig nahe fühlte. Die Berge um uns herum waren allesamt so groß, dass wir schon zu tun hatten, sie überhaupt irgendwie auf ein Foto zu bekommen. Mein großes, geliebtes Teleobjektiv hätte ich da getrost zu Hause lassen können. Irgendwann kamen wir zu einem Kloster mit einer großen Chörte im Vordergrund und von da an ging es schließlich steil bergab durch einen ziemlich kargen, sandigen Wald. Dann erreichten wir das alte, verlassene Dorf Julu.

Chörte auf dem Weg nach Julu
Julu

Wir trennten uns von Linda und Thomas, die von hier an wieder steil bergauf mussten. Nach dem gestrigen Tag waren wir aber heilfroh, dass uns heute kein Aufstieg mehr bevorstand. Stattdessen durchquerten wir das kleine Dorf mit seinen teils schon zerfallenen Steinhäusern und stiegen weiter bergab. Der Weg war auch hier ziemlich sandig, warum auch immer.

Auf dem Weg nach Braga

Wir folgten ihm bis zur Straße und dieser dann bis zum nächsten Dorf. Dort angekommen suchten wir verzweifelt nach der Unterkunft, auf die wir uns mit den Anderen geeinigt hatten. Aber wir konnten sie nicht finden. Wir liefen das ganze Dorf zwei Mal ab, aber keine der Lodges trug den Namen New Yak Hotel. Wir holten unseren Wanderführer heraus und lasen uns die Beschreibung noch einmal ganz genau durch. „New Yak Hotel (Dorfbeginn links)“ stand da. Aber genau dort waren wir und das Hotel war weit und breit nicht zu finden. Wir fingen langsam an, ernsthaft an uns zu zweifeln. Wir studierten die Karte nochmal ganz genau und merkten dann, dass irgendwie überhaupt nichts zu passen schien. Da wurde uns dann klar, dass wir noch gar nicht in Braga waren, sondern in einem kleinen Dorf davor. Da konnten wir natürlich echt lange suchen…

Als wir dann 20 Minuten später wirklich in Braga ankamen, war das große New Yak Hotel auch direkt das Erste, was uns in den Blick fiel. Verglichen mit den anderen Steinhäusern auf dieser Höhe sah das Hotel tatsächlich fast wie ein richtiges Hotel aus. Es war groß und stilvoll, sah aber ziemlich verlassen aus. Eine Treppe führte hoch zum Dining Room, daneben stand eine kleine Bäckerei. Wir gingen die Treppe hoch und fanden dort einen Einheimischen, den wir nach Zimmern fragten. Er holte eine Dame, die uns zwei Zimmer und die Dusche zeigte. Wir waren sofort verliebt. Nach den letzten Tagen sah das hier nach echtem Luxus aus. Wir hatten ein Bad auf dem Zimmer, mit einem richtigen Klo zum Hinsetzen – und das war sogar sauber! Die Zimmer kosteten hier zwar etwas, aber die 2,- Euro war es uns definitiv wert. Wir stellten unsere Rucksäcke ab und nutzten die Zeit, in der wir hier noch alleine in der Unterkunft waren. Die Dusche war direkt neben unserem Zimmer und da außer uns noch keine Gäste da waren, gab es auch noch heißes Wasser. Allerdings kam aus dem Duschkopf nur dann Wasser raus, wenn man ihn gerade nach unten hielt und selbst dann war es so wenig und schwach, dass es kaum zum Waschen reichte. Außerdem wurde das Wasser durch Gas erhitzt und war teilweise kochend heiß. Eine Anzeige auf dem Erhitzer zeigte ständig zwischen 50 und 60 °C an. Ein wirkliches Vergnügen war die Dusche also nicht. In Nepal ist es aber so, dass der Duschschlauch an einen Wasserhahn angeschlossen ist, der etwa auf Bauchhöhe aus der Wand kommt. Man kann dann wie bei uns in der Badewanne zwischen Wasserhahn und Dusche hin- und herschalten. Da aus dem Wasserhahn ein normaler, kräftiger Wasserstrahl kam, hab ich dann irgendwann auf Wasserhahn geswitcht und mich einfach unter den Hahn auf den Boden gehockt. Das ging erstaunlich gut, war aber eine recht interessante Angelegenheit. Nach diesem Duschabenteuer machte ich mich über unsere Wäsche und dann brauchten wir erstmal etwas zu Essen. Ich gönnte mir einen riesigen Gemüsebürger und Fab sich ein Yak-Cheese-Sandwich. Sollte irgendwer diesen Trek machen wollen: Unbedingt im New Yak Hotel in Braga essen! Das Essen ist der Wahnsinn!

Kurz darauf erreichten uns auch Linda und Thomas, die von ihrem Umweg absolut begeistert waren und immer wieder meinten, dass wir die allerschönste Aussicht verpasst hätten. Wir suchten uns ein Plätzchen neben dem Holzofen im Dining Room heraus, legten unsere nasse Wäsche ans Feuer und bestellten noch mehr von dem leckeren Essen. Hier fühlten wir uns richtig wohl.