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Etappe 3: Dharapani – Timang (2.620 m), 5.30 h

Beim Frühstück in unserer kleinen Gruppe stellte sich heraus, dass es auch Linda und Cian gar nicht so gut ging. Wir entschieden uns daher alle für einen ruhigen Tag mit einem langen, gemütlichen Morgen. Wir tranken literweise Tee und jeder verliebte sich in mein wundersames Pfefferminzöl, das als Zugabe zum Tee in Sekundenschnelle die Nase frei macht und den ganzen Körper wärmt. Jeder außer Fab. Der kann das Zeug überhaupt nicht riechen und bekommt direkt Kopfschmerzen. Blöd, dass mittlerweile das ganze Esszimmer danach roch.

Nach einer Weile fühlte ich mich schon etwas fitter und meine Stimme kehrte auch langsam zurück. Grund genug, um nicht nach Tal zurückzugehen. Der nächste Ort auf unserer Route lag nur etwa eine Stunde von uns entfernt und sollte ohne große Anstrengung zu erreichen sein. Zusammen mit Cian machten wir uns daher gegen 10 Uhr auf den Weg nach Bagarchhap. Linda und Thomas ließen wir zurück, da sich Linda leider ziemlich schlecht fühlte. Cian, der inzwischen starke Schmerzen in seiner Leiste hatte, versuchten wir mit Magnesium aufzupäppeln. Außerdem erklärten wir ihm, wie man einen Rucksack richtig einstellt und trägt, denn das wusste er offensichtlich nicht. Der Hüftgurt, der bei einem Trekkingrucksack eigentlich den wichtigsten Teil bildet, baumelte bei ihm einfach lose herum. Dabei hat dieser Hüftgurt die essentielle Aufgabe, das ganze Gewicht des Rucksacks von den Schultern auf die Hüften zu verlagern. Wenn dieser Gurt nicht richtig sitzt, hat das ziemliche Schmerzen zur Folge. Und so war es auch bei Cian. Den Unterschied merkte er sofort.

Wir erreichten Bagarchhap deutlich schneller als erwartet, nämlich schon nach knapp 30 Minuten. Aber uns war schnell klar, dass wir in diesem Ort auf keinen Fall übernachten wollten. Einerseits weil er überhaupt nicht einladend war, andererseits aber auch weil wir uns fit genug fühlten, um noch etwas weiter zu laufen. Trotzdem suchten wir uns eine Lodge für eine ausgiebige Mittagspause, damit wir die Dinge nicht zu sehr überstürzen. Es dauerte gar nicht lange, da gesellten sich auch Linda und Thomas zu uns. Die beiden hatten sich letztlich ebenfalls zum Weiterlaufen entschieden, aber um Linda zu entlasten, trug Thomas zusätzlich zu seinem eigenen Rucksack noch den von Linda vorne auf der Brust.

Unsere Pause war richtig entspannt und das Essen sehr lecker. Und obwohl wir direkt neben dem Wanderweg saßen, war weit und breit kein anderer Trekker zu sehen. Dafür aber konnten wir von unserem Tisch aus das erste Mal einen Blick auf eine der Annapurnas erhaschen. Zu sehen war die Spitze der Annapurna II, die mit ihren 7.937 m Höhe gerade so die 8.000er-Grenze verfehlt hat. Aber das macht den Anblick ja nicht weniger schön.

Nach gut zwei Stunden Mittagspause ging unsere Tour dann weiter. Ich fühlte mich inzwischen wieder einigermaßen fit und war deswegen motiviert, heute noch bis nach Timang zu kommen, das laut Karte nur etwas mehr als zwei Stunden entfernt sein sollte. Ursprünglich war unser Ziel für den heutigen Tag die Stadt Chame gewesen, die mit über 1.000 Einwohnern zu den größten Städten auf dem ganzen Trek gehört. Timang liegt etwa auf halber Strecke und wurde vom Wanderführer als schöner Ort mit hervorragender Aussicht beschrieben. Von hier aus würden wir es am nächsten Tag gut nach Chame schaffen, wo wir so schnell wie möglich hin wollten, weil es dort eine Apotheke und wohl sogar einen Arzt geben sollte. Leider stellte sich der Weg nach Timang als extrem anstrengend heraus…

Zunächst fing alles ganz easy an. Wir hatten uns nach dem Essen wieder von Linda und Thomas verabschiedet, die es zwar auch bis nach Timang schaffen wollten, aber wegen Lindas schlechtem Zustand lieber ihr eigenes Tempo gehen wollten. Wir liefen also zusammen mit Cian auf der Jeep-Piste bis zum nächsten kleinen Ort. Dort passierten wir die ersten tibetischen Gebetsmühlen und konnten den zunehmenden tibetisch-buddhistischen Einfluss in den Bergdörfern deutlich spüren (Nepal ist eigentlich vom Hinduismus geprägt). Eine Gebetsmühle ist ein Blechzylinder, in dessen Innerem Papier mit dem buddhistischen Gebetsmantra „Om mani padme hum“ aufgerollt ist. Oftmals befindet sich diese Aufschrift auch außen auf dem Zylinder. Gebetsmühlen können klein, aber auch bis zu 2-3 Meter groß sein; die Großen stehen meist einzeln in einem Raum, die Kleinen findet man meistens zahlreich in einer Reihe entlang oder in der Mitte einer Straße. Man passiert die Gebetsmühlen immer auf der linken Seite und dreht sie im Vorbeigehen im Uhrzeigersinn (mit der Sonne), um die Gebete in Bewegung zu bringen und sie auf diese Weise freizusetzen.

An den Gebetsmühlen trafen wir auf einige Kinder, die gleich freudig zu uns gerannt kamen, um nach „Money!“ und „Sweets!“ zu fordern. Auf unser Ablehnen hin warfen sie uns sofort irgendwelche Worte auf Nepali an den Kopf, die vermutlich nicht sonderlich nett waren. Wir scherten uns nicht groß darum und liefen weiter. Kurz nach dem Ortsausgang folgten wir der Straße weiter um eine Kurve und kamen zu einem Wasserfall. Die Jeep-Piste führte direkt durch das Wasser, sodass wir am Wegrand auf Steinen balancierend den Wasserfall durchqueren mussten. Auf der anderen Seite setzten wir uns kurz auf einen großen Fels und genossen die idyllische Ruhe. In diesem Moment kam hinter uns ein Einheimischer mit einer Herde Ziegen einen kleinen Waldpfad heruntergeklettert. Er erzählte uns, dass dieser Pfad eine Abkürzung sei und auf direktem Wege den Berg hinauf führe, wohingegen die Straßen in Serpentinen verlaufe und dadurch deutlich länger sei. Da wir auch in unserem Wanderführer von einer Abkürzung gelesen hatten, folgten wir dem Pfad. Nur leider war der direkte Weg nach oben deutlich steiler als erwartet. In nur einer Stunde hatten wir einen Aufstieg von ca. 400 Höhenmetern zu bewältigen. Der Weg führte über Steinstufen immer weiter hinauf. Allerdings sollte man sich unter Steinstufen keine Treppe vorstellen, wie wir sie aus Deutschland gewohnt sind. Vielmehr handelt es sich dabei um naturbelassene Steinplatten, die alle unterschiedlich hoch sind und deswegen höchste Aufmerksamkeit erfordern. Für manche Stufen braucht es nur einen kleinen Schritt, andere Stufen wiederum sind fast kniehoch.

Die enorme Anstrengung laugte uns völlig aus. Vor allem Fab bekam es mit Kopfschmerzen und Schwindel zu tun. Cian hatte noch immer mit den Schmerzen in seinen Beinen zu kämpfen. Und auch ich spürte deutlich, dass mein Körper nicht ganz auf der Höhe war. Alle paar Meter hielten wir an, machten kurz Pause und tranken einen Schluck Wasser. Dann ging es wieder weiter. Allerdings gab es dabei noch ein Problem: Wir hatten inzwischen die 2.500 m Höhe erreicht, ab der man langsam anfangen muss, auf Symptome der Höhenkrankheit zu achten. Und Kopfschmerzen, Schwindel und Schlappheit stehen ganz oben auf der Liste. Sobald diese Symptome auftreten, sollte man eigentlich nicht weiter aufsteigen, sondern mindestens eine Nacht dort bleiben, wo man gerade ist. Denn Ursache für die Höhenkrankheit ist nichts weiter als Sauerstoffmangel. Je höher man steigt, desto dünner wird die Luft. An den fehlenden Sauerstoff muss sich der Körper gewöhnen und dafür braucht er Zeit. Klingen die Symptome aber nach der ersten Nacht nicht ab, sollte man sofort absteigen. Die Höhenkrankheit darf man nämlich keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, denn eine Unterversorgung mit Sauerstoff kann schließlich schnell im Tod enden.

Wir standen nun also vor der Frage, ob Fabs Kopfschmerzen und Schwindel erste Symptome der Höhenkrankheit waren oder ob auch ihn die Grippe erwischt hat. Zurückgehen oder Weiterlaufen? Wir entschieden uns für‘s Weiterlaufen. Die Höhenkrankheit ist unter einer Höhe von 3.000 m zwar durchaus möglich, aber doch eher selten. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkältung oder Grippe war da deutlich höher. Und tatsächlich, die Symptome verschwanden mit der Zeit langsam. Scheinbar hatte Fab einfach nur etwas zu stark ein- und ausgeatmet, wozu man übrigens bei der immer dünner werdenden Luft schnell mal neigt.

Fotocredits: Cian

Als wir uns dann oben endlich auf der Jeep-Piste wiederfanden, war die Erleichterung ziemlich groß. Das Schlimmste war geschafft und Timang sollte nun schon sehr nah sein. Und kaum waren wir wieder auf der Straße, hörten wir plötzlich Rufe hinter uns. Linda und Thomas hatten uns eingeholt. Im Gegensatz zu uns haben sie die Abkürzung nicht genommen, sondern sind die ganze Zeit der Straße gefolgt. Thomas hatte noch immer Lindas Rucksack auf der Brust und Linda sah einfach nur elend aus. Zu fünft liefen wir weiter die Straße entlang durch dichten Wald. Bis auf Thomas, der mit seinen zwei Rucksäcken noch immer quietschfidel durch die Gegend marschierte, waren wir alle völlig am Ende und konnten kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen. Eigentlich sollte dieser Tag ja eher ruhig werden, aber das war offensichtlich missglückt.

Eine gefühlte Ewigkeit später erreichten wir dann endlich Timang. Wir suchten uns eine hübsche Lodge mit dem Namen Oasis Guest House heraus, mit einer Dachterrasse, von der aus man bei klarer Sicht einen guten Ausblick auf den Manaslu hat, der mit seinen 8.163 Metern der achthöchste Berg der Welt ist. Wirklich klare Sicht hat man hier allerdings nur vormittags, da ab dem Mittag langsam Wolken in die Bergspitzen ziehen. Von Riesen wie dem Manaslu sieht man dann leider nicht mehr viel. Das interessierte uns in diesem Moment aber auch eher wenig, denn wir waren hundemüde und wussten ja, dass wir am nächsten Morgen den perfekten Ausblick in vollen Zügen genießen konnten. Wir ließen uns von der Inhaberin der Lodge ein paar dicke Fleecedecken geben und gönnten uns erstmal ein kleines Nickerchen. Inzwischen waren wir so hoch gekommen, dass es nachts schon ganz schön kalt wurde. Zwar gab es auf den Zimmern noch immer keine Decken, aber zumindest haben wir auf Nachfrage welche bekommen.

Am frühen Abend trafen wir uns dann mit Cian und Thomas zum Essen im Dining Room. Linda hatte es inzwischen völlig niedergestreckt, weswegen sie direkt im Bett geblieben ist. Und auch Thomas verschwand kurze Zeit später mit Suppe wieder im Zimmer. Wir blieben noch etwas sitzen, quälten uns eine riesen Portion gebratene Makkaroni rein und quatschten noch etwas mit einem älteren Italiener, der außer uns der einzige Gast in der Lodge war. Überhaupt schien der ganze Ort wie ausgestorben. Die wenigsten Leute übernachten in Timang, weil man in der Regel schon mittags hier vorbeikommt und man von hier aus auch schnell und easy nach Chame kommt. Aber uns gefiel es hier richtig gut, das Zimmer war gratis und alles war angenehm sauber. Wir hätten uns hier gut und gerne einige Tage auskurieren können, aber darüber wollten wir uns heute noch keine Gedanken machen.

Etappe 2: Jagat – Dharapani (1.900 m), 8 h

Der zweite Tag war genauso anstrengend wie der Erste. Trotzdem verlief er deutlich entspannter. Nach dem gestrigen Tag waren wir uns nämlich einig, dass wir ab sofort lieber Etappen kürzen würden, als uns ohne Pausen durch die super schönen Landschaften zu hetzen. Wir hatten genügend Zeit in Nepal eingeplant und überhaupt keinen Grund uns so sehr zu beeilen. Das sollte natürlich nicht heißen, dass wir nicht dennoch jeden Morgen zeitig aufstehen und so viel Strecke wie möglich schaffen wollten. Aber wir wollten die Wanderung auch genießen und unseren Körpern zwischendurch etwas Ruhe gönnen. Außerdem fiel uns das zeitige Aufstehen überhaupt nicht schwer. Durch die große Anstrengung tagsüber ist man nach dem Abendessen ohnehin hundemüde, sodass wir an den meisten Tagen schon zwischen 18 und 20 Uhr ins Bett gegangen sind. Dementsprechend zeitig waren wir dann natürlich auch immer schon wach. Und die Vorfreude auf das Kommende trägt dann noch sein Übriges bei.

Nachdem also wieder um 6 Uhr unser Wecker geklingelt hatte, unsere Sachen gepackt waren und wir den schlechtesten Bananen-Porridge überhaupt gegessen hatten, ging es gegen 8 Uhr weiter mit dem Wandern. Die Etappe begann zunächst auf der Jeep-Piste, aber schon bald folgten wir einer Abzweigung nach links in den Wald, wo es erst einmal ordentlich bergauf ging. Die Temperaturen waren immer noch recht hoch und der Weg durch den Wald war gesäumt von riesigen Bananenbäumen. Wir hätten genauso gut auch im Dschungel sein können. Als wir dann schweißnass oben ankamen, fanden wir uns vor einem kleinen, steinigen Fußballplatz wieder. Davor am Drahtzaun standen drei Männer, die vergeblich nach einem Wanderweg suchten. Aber es gab keinen. Wir stiegen deshalb kurzerhand durch ein Loch im Drahtzaun und überquerten den Sportplatz. Den vielen Fußspuren nach zu schließen waren hier bereits einige Wanderer entlanggekommen – so falsch konnten wir also gar nicht sein. Am Ende des Sportplatzes zeigte uns dann eine rot-weiße Markierung, dass wir tatsächlich auf dem richtigen Weg waren. Die nächsten Meter verbrachten wir damit, uns mit einem der drei Herren zu unterhalten, die wir am Sportplatz getroffen hatten. Ein Däne, der mit seinem 14-jährigen Sohn mal einen richtigen Männerurlaub machen wollte. Sein Sohn sah zwar nicht ganz so glücklich aus, aber auch er schien den Ausflug eigentlich ganz cool zu finden. Unsere Wege trennten sich kurze Zeit später in einem kleinen Dorf, als wir eine kleine Pause einlegten, um frisches Wasser zu filtern und einen kleinen Snack zu uns zu nehmen. Nach dem Dorf führte uns dann eine Hängebrücke wieder auf die andere Flussseite, wo wir entlang des Flusses immer weiter in das Tal hinein wanderten. Dabei schlängelte sich unser Weg immer weiter die Berge hinauf. An manchen Stellen trennte uns vom Fluss, der inzwischen tief unter uns lag, nur noch eine steile Felswand. Aber die Aussicht war einfach nur gigantisch.

Eine ganze Weile später fanden wir uns vor einem steilen Hang wieder, an dem im Zick-Zack unser Weg nach oben führte. Am oberen Ende konnten wir bereits eine kleine Aussichtsplattform erkennen, auf der einige Leute zu sehen waren. Der Aufstieg war hart, aber immerhin sehr kurz. Und zu unserer Freude gab es auf dem Plateau eine kleine Hütte, in der man Snacks und Getränke kaufen konnte – eine Sprite kam uns jetzt genau gelegen! Leider verriet uns ein Blick in unseren Wanderführer, dass wir uns direkt vor einem Steilanstieg befanden. Fast 100 Höhenmeter hatten wir in den nächsten 20 Minuten zu meistern. Aber die Anstrengung wurde belohnt. Und zwar mit dem wunderschönen Örtchen Tal.

Tal befindet sich direkt am Flussufer auf einer großen, weißen Sandbank und ist umgeben von hohen Bergen. Es ist nur zu verlockend, die Schuhe auszuziehen und die Füße in den eisblauen Fluss zu halten. Aber uns war klar, dass das Wasser dafür viel zu kalt sein würde. Stattdessen entschieden wir uns für eine Mittagspause in einer der vielen hübschen Lodges. Wir fanden schnell ein gemütliches Plätzchen und teilten uns einen Tisch mit ein paar Mädels aus aller Welt. Es dauerte nicht lange, da tauchte auch der Australier auf, den wir in Bhulbhule kennengelernt hatten. Sein Name ist Cian, gesprochen wie der Pfeffer. Er lebt in Brisbane und wollte nach der Abgabe seiner Masterarbeit ein paar Wochen Auszeit genießen. Der Annapurna Circuit war eine ganz spontane Idee von ihm gewesen und dementsprechend schlecht war er auch vorbereitet. Schon sein Rucksack sah furchtbar unangenehm aus; viel zu groß, viel zu schief und viel zu viel Zeug, das außendran herum baumelte. Er selbst empfand seinen Rucksack schon am zweiten Tag als eine große Qual, aber unterwegs kann man da halt leider nicht mehr viel dran ändern.

Und so saßen wir da, unterhielten uns mit den Leuten und warteten eine gefühlte Ewigkeit auf unser Dal Bhat und die Momos. Die Sonne wanderte langsam hinter einen Berg und hin und wieder zog ein frisches Windchen durch das Tal, sodass es teilweise schon recht kühl wurde. Wir hatten das subtropische Klima hinter uns gelassen. Als dann nach über einer Stunde endlich unser Essen kam, war es schon wieder viel zu spät. Die Mädels waren schon aufgebrochen und nur noch Cian saß mit uns am Tisch. Wir mampften schnell alles in uns rein, verabschiedeten uns von Cian und machten uns auf den Weg. Es war bereits 14 Uhr und wir hatten noch gute zwei Stunden vor uns. Am liebsten wären wir einfach für eine Nacht hier geblieben, aber letztendlich war es uns doch noch etwas zu früh, um die Etappe hier abzubrechen. Tal ist wirklich ein schöner Ort und lädt geradezu zum Übernachten ein. Es gibt hübsche Lodges direkt am Wasser, einen Wasserfall, zu dem man einen Ausflug machen kann und sogar ein Medical Center mit einem Arzt und einer Apotheke.

Tal

Der weitere Weg war wenig spektakulär, was vermutlich vor allem an unserer Müdigkeit und der untergehenden Sonne lag, welche die Landschaft in tristen Schatten versetzte. Wir überquerten einen kleinen Wasserfall, stiegen weiter auf und ab und kamen schließlich zu einer Hängebrücke, die uns wieder auf die andere Seite des Flusses brachte. Von dort aus ging es weiter auf der Jeep-Piste Richtung Norden. Irgendwann kamen wir wieder an eine Hängebrücke, die uns erneut auf die Ostseite des Flusses gebracht hätte, aber inzwischen waren wir so kaputt, dass wir einfach nur noch ankommen wollten. Wir ignorierten daher die Schilder und folgten einfach der Jeep-Piste bis nach Dharapani, unserem heutigen Etappenziel.

Dharapani ist kein sonderlich schöner Ort, aber es gibt zahlreiche Lodges und nur wenige Trekker. Wir machten uns auf die Suche nach einer ansprechenden Unterkunft, aber irgendwie sprang uns nichts Schönes ins Auge. Als wir den Ort einmal komplett durchquert hatten, machten wir daher wieder kehrt und gingen zurück zu einer Lodge am Ortseingang, die von unserem Wanderführer empfohlen wurde. Richtig zufrieden waren wir allerdings nicht. Dann aber sahen wir direkt neben der Lodge eine weitere Unterkunft, auf deren Treppe ein junges Pärchen saß. Das Mädel hatte ihre nassen Haare in ein Handtuch gewickelt, was mich dazu veranlasste, die beiden zu fragen, ob es dort eine warme Dusche gibt. Sie meinte, die Dusche wäre sogar richtig schön heiß und sauber und auch die Zimmer sehr schön. Und damit hatten wir unsere Entscheidung getroffen. Noch während wir uns mit dem Pärchen (Linda und Thomas aus Dänemark) unterhielten, trottete Cian an der Lodge vorbei. Natürlich haben wir ihn direkt zu uns gewunken und zu fünft gehörte uns die komplette Unterkunft.

Nachdem dann auch der Rest von uns noch der Reihe nach duschen war (die Dusche war nur bei mir noch heiß, bei Fab war sie schon nur noch lauwarm und bei Cian eiskalt), suchten wir uns einen großen Tisch im Dining Room und warteten auf unser Essen. Während wir dort saßen und uns unterhielten, wurde es immer kälter und schon nach kurzer Zeit hatte ich meinen wärmsten Pullover und meine dicke Winterjacke an. Ich stopfte meine nassen Haare unter die warme Mütze, wärmte meine Hände am Tee und trotzdem fror ich noch am ganzen Körper. Ich merkte, wie mein Körper langsam schlapp machte und sich in mir eine dicke Grippe ausbreitete. Selbst mein Wunderheilmittel – reines Pfefferminzöl – konnte mir an diesem Punkt nicht mehr helfen. Als wir dann nach einer langen Unterhaltung mit den Anderen gegen 22 Uhr ins Bett gingen, fühlte ich mich schon richtig krank. In der Nacht wachte ich immer wieder auf. Ich wechselte ständig meine Kleidung, weil mir in meinem Schlafsack erst viel zu kalt und dann viel zu warm war. Auf diesen Höhen gibt es in den Unterkünften leider keine Decken, weil man sie hier normalerweise auch nicht braucht und man ja ohnehin einen Schlafsack dabei hat. Am Morgen wachte ich mit höllischen Halsschmerzen und ohne Stimme auf. Verzweifelt überlegten wir, was wir tun sollten. In diesem hässlichen Ort bleiben wollten wir auf keinen Fall, aber auch Weiterlaufen wäre keine gute Idee. Wir überlegten daher, ob wir einen Jeep rufen sollten, der uns zurück nach Tal bringt, wo es uns ja erstens sehr gut gefallen hat, es zweitens ein Medical Center gab und es drittens auch wärmer war.