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Von glühenden Tieren und zischenden Bergen

Von Rotorua aus machten wir einen Ausflug nach Westen zu den berühmten Glowworm Caves in Waitomo. Waitomo selbst hat gerade mal 55 Einwohner, aber trotzdem besuchen es rund 500.000 Menschen pro Jahr. Grund dafür sind die über 400 Höhlen in der Karststeinregion, die vor allem für ihre Abertausenden von Glowworms bekannt sind. Mehrere Unternehmen bieten Touren durch die dunklen Gänge der Höhlen an, wo es teilweise so viele Glowworms gibt, dass man die Höhlenstruktur auch ohne weitere Beleuchtung gut erkennen kann.

Bei den Glowworms hier handelt es sich aber nicht um die Glühwürmchen wie wir sie kennen, sondern um leuchtende Fliegenlarven. Diese bauen sich an den Höhlendecken seidig-schleimige Netze aus dünnen Röhren, von denen 10-15 cm lange Fäden aus klebrigem Sekret herunterhängen. Verirren sich also z.B. Motten in die Höhle, werden sie von dem blauen Licht der unzähligen Larven an der Decke angezogen, welches sie für den Nachthimmel halten. Wenn sie dann an den Strängen klebenbleiben, kriechen die Maden durch die Röhren ihres Netzes zur ihrer Beute, um sie zu verspeisen. Klingt eklig? Ist es auch. Zum Glück ist es in den Höhlen üblicherweise dunkel genug, dass man die unschönen Details nicht sehen muss.

Stattdessen genießt man den Anblick der vielen Glowworms, wenn man auf den befestigten Wegen durch die Höhlen läuft oder mit dem Schlauchboot über einen der unterirdischen Flüsse gleitet. Nachdem sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, bekommt man immer mehr zu sehen; immer mehr der leuchtend blauen Punkte. Durch die Schallwellen, welche die Besucher verursachen, werden die Larven außerdem aufgeschreckt, wodurch sie noch mehr Licht abgeben und noch heller leuchten. Um die Tiere in ihrem Umfeld nicht zu sehr zu stören, ist Licht in den Höhlen weitestgehend verboten. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass man endlich mal eine Tour ohne den ewigen Streit um den besten Fotoplatz oder die tollsten Selfies hat. Vielmehr kann man ganz in Ruhe genießen.

Nach der Tour haben wir das schöne Wetter genutzt, um noch eine Runde durch den Wald zu spazieren, wo man durch weitere Höhlen gehen konnte, in denen sich ein Fluss seinen Weg gebahnt und mehrere Wasserfälle gebildet hat.

Am nächsten Morgen ging es dann wieder zurück in das thermische Gebiet der Nordinsel. Genauer gesagt wollten wir den nördlichsten Punkt dieser Region besichtigen, eine Insel in der Bay of Plenty mit dem Namen White Island. Dazu führte uns der Weg nach Whakatane. Auf dem Weg dorthin kamen wir erneut durch Rotorua, wo wir nicht umhin kamen, uns wieder einen der leckeren Bananen-Kaffee-Smoothies an den Redwoods zu gönnen. In Whakatane statteten wir direkt dem einzigen Touranbieter für die Insel einen Besuch ab. Leider mussten wir hier erfahren, dass die Bedingungen auf dem Meer in den kommenden Tagen nicht besonders gut sein würden, sodass die Tour vorerst nicht stattfinden konnte. Es war also mal wieder Warten angesagt. So kam es, dass wir zwei Tage mit sehr viel Entspannung verbracht haben, die wir aber durchaus nötig hatten. Dann endlich, am dritten Morgen, kam der Anruf mit der guten Nachricht, dass die Tour an diesem Tag stattfinden würde. Wir sollten uns lediglich warm anziehen und auf eine ziemlich unruhige Fahrt einstellen. Gesagt, getan und los ging die 90 minütige Bootsfahrt zu der Insel. Es sollte sich schnell herausstellen, dass die Warnungen keineswegs untertrieben waren!

Das wirklich Interessante an der Insel ist, dass sie ein aktiver Vulkan ist; tatsächlich sogar der einzige marine Vulkan Neuseelands. White Island wurde von James Cook seinerzeit so benannt, weil sich ständig Wolken um sie herum befanden. Zu diesem Zeitpunkt wusste er natürlich noch nicht, dass die Insel eigentlich ein Vulkan ist und die Wolkenmassen eigentlich schwefelhaltige Dampfschwaden sind, die aufgrund des hohen Drucks und der Temperaturen ständig aus dem Krater entweichen und so die vielen Wolken bilden. Im frühen 20. Jh. wurde White Island dann zum Abbau von Schwefel genutzt, aber die Arbeiten wurden nur wenige Jahre später wegen der hohen Risiken wieder eingestellt.

Der Vulkan liegt größtenteils im Meer verborgen; nur der große Krater mit seinen bis zu 330 Meter hohen Wänden ragt aus dem Wasser. Da sich der Krater nur knapp über dem Meeresspiegel befindet, kann man ihn gut über eine von zwei kleinen Buchten betreten.

White Island
White Island

Und da standen wir nun, ausgerüstet mit Helm und Gasmaske in dem dampfenden Kessel, umringt von den roten Kraterwänden und nur wenige Kilometer über der kochenden Lava. Überall brodelt und pfeift und zischt es und aus allen Poren steigt der erstickende, schwefelige Dampf, der im ganzen Krater gelbe Kristalle hinterlässt. Nach unserer Sicherheitseinweisung machten wir uns auf den Weg durch den Krater. Dabei erfuhren wir, wo einmal der Austrittspunkt war, wie er durch einen Erdrutsch verschüttet wurde und wie schließlich ein Neuer entstand. Wir hörten, wie unser Guide begeistert feststellte, welche zahlreichen Veränderungen sich seit der letzten Woche ereignet hatten und lauschten gespannt den vielen Geschichten. Wir schauten uns die Schwefelkristalle an und den gelben Kratersee, der so ätzend ist, dass er einen negativen pH-Wert hat. Und die ganze Zeit folgten wir konzentriert unserem Guide auf Schritt und Tritt, denn der Boden ist an vielen Stellen so dünn, dass hohe Einsturzgefahr besteht und man stets darauf achten muss, wo man seinen Fuß hinsetzt. Tja und so spazierten wir durch Neuseelands aktivsten Vulkan.

Schwefelkristalle, White Island
Schwefelkristalle, White Island
Kratersee auf White Island
Kratersee auf White Island

Wieder zurück auf dem Boot bekam jeder sein Lunchpacket, was äußerst umfangreich und lecker war. So genoss jeder sein Essen, während wir die Insel noch einmal etwas umfuhren und von außen betrachteten. Dann ging es wieder los, 90 Minuten Richtung Küste. Auf dem Rückweg waren die Wellen noch schwungvoller, sodass so manch einer sein Mittagessen lieber im Meer kompostierte als zu verdauen. Teilweise hat das Boot sogar solche Schräglagen eingenommen, dass nicht Wenige in Panikzustände gerieten. Doch aus irgendeinem Grund störte uns das recht wenig. Wir saßen einfach gemütlich auf einer der Bänke am Heck, schauten dabei zu, wie das Wasser über uns hinweg preschte, hoben das ein oder andere Mal von unseren Sitzen ab und hofften darauf, endlich mal Delfine oder Wale zu Gesicht zu bekommen. Zumindest Delfine sollten auf der Tour extrem oft zu sehen sein, aber wir hatten mal wieder Pech.

– Fab