Geschichten aus dem Norden

Inzwischen sind wir also auf der Nordinsel angekommen. Mit der Fähre braucht man etwas mehr als drei Stunden für die 92 km von Picton nach Wellington, wobei die beiden Inseln wohl nicht mehr als 35 km auseinander liegen. Die erste Stunde fährt man durch die Fjordlandschaft der Marlborough Sounds, wo man vom oberen Deck aus wunderbare Aussicht genießen kann. Nachdem die Fähre das offene Meer passiert hat, hangelt sie sich noch recht lange an der Küste der Nordinsel entlang bis in eine große Bucht hinein, in der Wellington liegt. Wellington ist die Hauptstadt Neuseelands und für uns in diesem Land die erste Stadt, die mit ihren vereinzelten Hochhäusern und Shopping-Malls auch so aussieht wie eine Großstadt, obwohl sie tatsächlich ziemlich klein ist. Eingepfercht zwischen Meer und Bergen bietet Wellington kaum Platz für eine Ausdehnung, sodass hier gerade einmal 200.000 Menschen leben und man die Stadt gut in einer Stunde zu Fuß durchqueren könnte. Wir haben gelesen und gehört, dass es hier den besten Kaffee der Welt geben soll und uns natürlich direkt auf die Suche danach begeben. In einem sehr beliebten Café mit dem Namen ‚The Flight Coffee Hangar‘ haben wir uns ein Set bestellt, in dem man ein und denselben Kaffee auf drei verschiedene Weisen zubereitet bekommt – einmal als Espresso, einmal als normalen Kaffee und einmal als Eiskaffee. Eine interessante Idee, aber leider war der Kaffee nicht ganz nach unserem Geschmack, zumal wir unseren Kaffee ohnehin lieber mit leckerem Milchschaum trinken und so ging die Suche weiter (am nächsten Tag erst, um Herzkasper und schlaflose Nächte zu vermeiden). Nach weiteren Proben sind wir schließlich im ‚Smith The Grocer‘ fündig geworden, welches uns zwei Frauen aus Melbourne empfohlen haben. In Sachen Kaffee sollte man durchaus auf Leute von Melbourne hören, denn dort hatten wir unseren besten Kaffee und an den ist auch keiner aus Wellington herangekommen.

Ansonsten gibt es in Wellington ein schönes Museum, in dem die neuseeländische Kultur und Natur vorgestellt wird und man wirklich viel über Naturkatastrophen wie Erdbeben und Tsunamis erfährt, von denen Neuseeland leider immer wieder betroffen ist. Wellington wird außerdem liebevoll ‚Die Stadt der Winde‘ genannt und das nicht ohne Grund. Hairstyling oder auch nur Haare kämmen ist dort reichlich sinnlos, denn irgendwann fliegt einem alles um den Kopf. Uns ist sogar bei einem kleinen Windstößchen die Shopping-Tüte aufgerissen und dann sind unsere ganzen Souvenirs durch die Luft geflogen – sehr zur Freude der Kinder, die gleich umher gerannt sind und versucht haben, alles aus der Luft zu fangen. Glücklicherweise ist am Ende alles wieder heil bei uns angekommen…

Als wir uns dann weiter auf den Weg Richtung Norden machen wollten, sind wir in heftiges Unwetter geraten. Straßen waren geflutet oder vom Erdrutsch verschüttet, sämtliche Züge sind ausgefallen und im Radio wurde immer wieder gesagt, dass man die Städte nicht verlassen solle. Einmal mussten wir an der Küste eine Stunde warten, bis die Straße wieder freigeräumt war, aber sonst sind wir doch erstaunlich gut durchgekommen. Abends haben wir uns dann in einem Örtchen namens Ohakune niedergelassen, das am südlichen Rand des Tongariro National Parks liegt. Der Tongariro National Park ist dem Einen oder Anderen vielleicht auch als Mordor aus dem Film ‚Der Herr der Ringe‘ bekannt. Es handelt sich dabei um eine Vulkanlandschaft, die zwar nicht sehr viel an Vegetation zu bieten hat, dafür aber einige ziemlich imposante aktive Vulkane, die man eigenständig besteigen kann. Und genau aus diesem Grund wollten auch wir dort hin. Leider war die Wanderung wegen dem Wetter viel zu gefährlich – mal abgesehen davon, dass sie bei all dem Regen und der schlechten Sicht ohnehin keinen Spaß gemacht hätte – und so mussten wir in Ohakune ausharren, um auf besseres Wetter zu warten. Nicht dass das schlimm gewesen wäre, denn unser Hostel war super gemütlich und außer uns waren gerade mal noch zwei Jungs da. In der großen Küche im Landhausstil brannte fröhlich ein Feuer im Kamin und in der TV-Lounge gab es neben dem gigantischen Fernseher eine richtig bequeme Couch. Genau das Richtige für Regentage. Außerdem haben wir im Ort ein Merino-Outlet gefunden, indem wir uns erst einmal gut eingedeckt haben. Zwei Tage haben wir sehr entspannt zugebracht, bis am dritten Tag endlich wieder die Sonne schien und zwar dafür gleich umso mehr. Da haben wir natürlich nicht lange gewartet und uns direkt auf den Weg zu den Vulkanen gemacht.

Das Tongariro Alpine Crossing, also die alpine Überquerung der Krater, zieht sich über 19,4 km und dauert je nach Fitness gute 6 ½ – 9 Stunden. Wenn man den Weg komplett laufen möchte, muss man sich vorab um einen Transfer zurück zum Auto kümmern. Uns hatten vorher aber schon mehrere Leute den Tipp gegeben, dem Weg nur bis zur Spitze zu folgen und dann wieder umzukehren. Nicht nur weil man sich dann den teuren Transfer spart, sondern vor allem auch weil der Abstieg auf der eigentlich dafür vorgesehenen Seite ziemlich langweilig sein soll. Diesen Rat haben wir natürlich dankend angenommen.

Vom Parkplatz aus läuft man zunächst erstmal eine Stunde ohne große Anstrengung auf die Vulkane zu.

Startpunkt des Tongariro Alpine Crossings
Startpunkt des Tongariro Alpine Crossings

Dort angekommen wird man von einem Schild empfangen, auf dem steht, dass man nur bei gutem Wetter, mit guter Ausrüstung und mit guter Fitness weitergehen sollte. Und dann geht der Spaß erst richtig los. Ein steiler Anstieg führt von den 1.100 Metern Höhe, auf denen man sich gerade noch befunden hat, auf den 1.600 Meter hohen Sattel des Südkraters. Zwar machen hingezimmerte Stufen den Aufstieg um einiges angenehmer, aber einige davon sind so groß wie mein ganzer Unterschenkel und für kleine Menschen wie mich ziiiemlich anstrengend. Der Anstieg hat bereits den Namen ‚Devil’s Staircase‘ erhalten und das meiner Meinung nach ganz zu Recht. Aber immerhin: die Landschaft aus schwarzem Lavagestein, von der man beim Aufstieg umgeben ist, ist einfach nur spektakulär! Vom Sattel des Südkraters aus kann man den Vulkan Ngauruhoe besteigen, was allerdings eher eine Sache für Profis ist.

Südkrater mit dem Vulkan Ngauruhoe
Südkrater mit dem Vulkan Ngauruhoe

Für den normalen Alltags-Nicht-Profi geht es entspannt weiter über den Südkrater bis hin zu einem weiteren steilen Anstieg, der hinauf zur 1.886 Meter hohen Spitze des Red Craters führt. Dank Schnee und Glätte war der Aufstieg ebenfalls extrem anstrengend und auch nicht ganz ungefährlich, aber mithilfe von haltgebenden Steinen haben wir uns doch irgendwie hochgehievt. Oben angekommen wurden wir mit einer Wahnsinnsaussicht auf den Red Crater und mehrere schwefelige Vulkanseen belohnt. Wir hätten auch zu den Seen hinuntergehen können, denn der Wanderweg führt direkt an ihnen vorbei, aber dann hätten wir ja auch wieder hochsteigen müssen und darauf hatten wir nur wenig Lust.

Red Crater mit Vulkanseen und einer direkt auf uns zukommenden Wolkenwand
Red Crater mit Vulkanseen und einer direkt auf uns zukommenden Wolkenwand

Am Red Crater selbst haben wir es wegen den starken Windböen und der eisigen Kälte nur wenige Minuten ausgehalten, also haben wir uns schon bald wieder auf den Rückweg gemacht. Schließlich mussten wir uns ja auch den glatten Hang wieder hinunter kämpfen. Gutes Wetter, ordentliches Schuhwerk und gute Fitness sind hier definitiv ein Muss! Und wir hatten wirklich Glück mit dem Wetter, denn während bei uns den ganzen Tag die Sonne geschienen hat, war der Weg schon am nächsten Tag wieder wegen schlechten Wetterverhältnissen unpassierbar.

– Tini

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