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Malaysia

Auf unserem Weg zum Flughafen von Kuala Lumpur konnten wir uns leider nur eine Woche Zeit nehmen, um uns Malaysia anzuschauen. Ob das gut oder schade ist, da sind wir uns selbst noch nicht ganz sicher, denn Malaysia ist schon ein merkwürdiges Land. In Vietnam hat uns ein Paar erzählt, dass sich Malaysia zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2020 westlichen Standard zu erreichen. Und wenn man sich die Länder Südostasiens so anschaut, ist das schon eine Ansage. Doch während die Einen von der Modernität des Landes schwärmten, erzählten uns Andere von der großen Armut, die man überall sieht. Klingt irgendwie merkwürdig. Wir waren also gespannt.

Als wir mit dem Minivan die Grenze von Thailand nach Malaysia überquerten, bot sich uns sofort ein völlig anderes Bild. Neue Straßen, neue Schienen und Highways, auf die selbst wir Deutschen neidisch sein können. Links und rechts ganze Ortschaften mit hochmodernen und superschicken Neubauten und zwischendrin immer wieder Urwald und riesige Palmenwälder. Da fragt man sich doch, wo ein armes südostasiatisches Land so viel Geld für eine solche Entwicklung hernimmt. Natürlich konnten wir diese Frage nicht unbeantwortet lassen. Leider sind wir auf eine erschreckende Antwort gestoßen. Malaysia hat einfach einen der ältesten Urwälder der Welt abgeholzt und das Holz dann teuer exportiert. Die Überreste wurden verbrannt, um den Boden fruchtbar zu machen und anschließend wurde das ganze Land mit Palmen bepflanzt, aus denen Palmöl gewonnen und ebenfalls exportiert wird. Palmöl ist jedoch äußerst ungesund und steht generell nicht gerade in bestem Ruf. Aber nicht nur, dass Malaysia damit kostbare Ressourcen und das Ökosystem des ganzen Landes zerstört hat – vielmehr bleiben bei einer so rapiden Entwicklung viele viele Menschen auf der Strecke, vor allem wenn die gesamte Kultur eines Landes auf den Kopf gestellt wird. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer und während die Einen an der ganzen Entwicklung teilhaben, verlieren die Anderen den Boden unter den Füßen.

Wenn man einmal vom Highway und seinen Vorzeigebauten weg kommt, kann man den Wandel deutlich spüren. Erlebt haben wir das in Georgetown auf der Insel Penang. Penang ist mit dem Festland durch eine Brücke verbunden, die mit ihren 13,5 km zu einer der längsten Brücken der Welt zählt. Während man die Brücke überquert und nach Georgetown fährt, bewundert man noch völlig fasziniert das Straßensystem, die Wolkenkratzer und die riesigen Einkaufszentren – natürlich alles neu und super modern. Aber sobald man ins alte Stadtzentrum gelangt, steht man plötzlich in einer völlig anderen Welt. Kleine alte, dreckige Häuser in dreckigen Gassen voller Menschen, die am Aufschwung nicht teilhaben konnten oder wollten. Überall verfolgt einen der widerliche Geruch der offenen Abwasserkanäle und man hat das Gefühl, von Elend umzingelt zu sein. Und genau dort war auch unsere teure und absolut schäbige Unterkunft. Drei Nächte hatten wir dort im Voraus gebucht und als wir ankamen wussten wir nicht, wie wir diese Zeit überhaupt überstehen sollten. Letztendlich haben wir die meiste Zeit in einem der großen Einkaufszentren verbracht, wo wir übrigens auch eine neue Form der Freizeitaktivität entdeckt haben: den Escape Room. Grob gesagt wird man dort in einen dunklen Raum gesperrt und hat dann 45 Minuten Zeit, um den Schlüssel für die Tür zu finden. Es gibt verschiedene Räume mit verschiedenen Themen und Schwierigkeitsstufen. Wir zum Beispiel haben uns dafür entschieden, Meisterdiebe zu sein (oder es zumindest zu versuchen). Mit Taschenlampen ausgerüstet mussten wir durch einen Raum mit mehreren Lichtschranken gelangen und verschiedene Rätsel lösen, die uns Zahlenkombinationen für die Schlösser verrieten, die wir knacken mussten, um irgendwann zum Schlüssel zu gelangen. Obwohl wir uns wirklich gut geschlagen haben, sind wir doch gescheitert. Aber der Spaßfaktor ist wirklich groß und es wird nicht unser letzter Versuch gewesen sein (das Spiel kommt ursprünglich aus Japan und wird uns hier hoffentlich nochmal begegnen).

Ein Teil des alten Stadtzentrums von Georgetown ist heute UNESCO-Weltkulturerbe. Deswegen haben wir uns dann am letzten Abend doch noch durchgerungen, durch die Innenstadt zu schlendern und die schönen Ecken zu suchen. Und wir sind fündig geworden. Jemand hat sich die Mühe gemacht, eine der alten verdreckten Straßen aufzuräumen, die Abwasserkanäle zuzubetonieren, die Häuser zu restaurieren und herauszuputzen und plötzlich sah alles richtig schön gemütlich und schick aus. Mehr davon würde die Stadt in einem wunderschönen Glanz erstrahlen lassen. So wie es jetzt ist, konnte uns das Welterbe aber trotzdem nicht mehr von der Stadt überzeugen.

UNESCO-Welterbe in Georgetown, Penang
UNESCO-Welterbe in Georgetown, Penang

Nach drei Tagen ging es dann mit ziemlich großer Skepsis weiter nach Kuala Lumpur, da für weitere Zwischenstopps keine Zeit mehr war. Aber Kuala Lumpur hat uns nicht enttäuscht. Diese Stadt ist der Wahnsinn. Natürlich haben wir in der kurzen Zeit dort (ebenfalls drei Nächte) nicht annähernd alles sehen können und natürlich gibt es auch dort noch schäbige Viertel. Aber wir sind wirklich viel durch die Stadt gelaufen und wir hatten den Eindruck, als hätte diese Stadt den westlichen Standard schon längst übertroffen. Wohin man auch schaut, man kommt aus dem Staunen kaum raus. Überall gibt es gigantische Wolkenkratzer und wunderschöne Parkanlagen. Zum Bummeln und Shoppen findet man wieder riesige Shopping Malls oder aber man schlendert durch das mit Läden und Ständen vollgestopfte Chinatown, wo man wirklich alles kaufen kann. Atemberaubend sind auch die berühmten Petronas Twin Towers, vor allem wenn man sich direkt vor ihnen den Hals verrenkt um bis nach oben zu schauen und nachts, wenn ihr grelles Leuchten in der ganzen Stadt kaum zu übersehen ist.

Petronas Twin Towers, Kuala Lumpur
Petronas Twin Towers, Kuala Lumpur

Vor den Twin Towers erstreckt sich ein Park mit einem richtig schönen, ebenfalls gigantischen (und kostenlosen!) Spielplatz- und Badeparadies, das für jedes Kind ein Traum sein muss.

Kuala Lumpur City Center Park
Kuala Lumpur City Center Park

Was uns auch unglaublich fasziniert hat, waren die Malaysianer selbst. Nicht nur, dass erstaunlich viele von ihnen richtig gut Englisch sprechen, sie sind auch unglaublich freundlich und hilfsbereit. Wenn man ratlos auf die Stadtkarte schaut, kommt gleich jemand und bietet Hilfe an. Als ich im Restaurant meine Sonnenbrille vergessen habe, ist uns die Kellnerin bis in die nächste Etage im Einkaufscenter hinterher gerannt, um sie mir wieder zu bringen. Und als die Verkäuferin im japanischen Reisebüro festgestellt hat, dass sie bei unseren Zugtickets einen Fehler gemacht hat, hat sie solange bei uns angerufen, bis wir 23 Uhr endlich mal rangegangen sind, nur um sicher zu gehen, dass wir dann in Japan nicht dumm aus der Röhre gucken.

Nach Penang wird es uns so schnell sicher nicht mehr verschlagen, aber Kuala Lumpur hat uns wirklich richtig gut gefallen und es gibt noch so viel zu entdecken. Zum Glück haben wir nach Japan nochmal zwei Tage Aufenthalt dort, aber reichen werden die mit Sicherheit nicht.

– Tini