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Das kulturelle Zentrum Japans

Als es vor der Reise darum ging, sich etwas über potentielle Zielländer zu belesen, war ich für Japan zuständig. Beim stundenlangen, ermüdenden Durchwälzen des Reiseführers bin ich auf zahlreiche interessante und sehr reizvolle Orte und Gegenden gestoßen, die ich nur zu gerne alle auf die To-Do-Liste gesetzt hätte. Besonders das kalte Hokkaido im Norden und die Vulkanlandschaften im Süden Japans haben ihre Finger nach mir ausgestreckt, aber eine Stadt wollte ich ganz besonders gerne sehen. Eine Stadt in Japan, die jeder Tourist sehen möchte. Eine Stadt, die vollkommen überlaufen ist – und das nicht ohne Grund. Die Kulturhauptstadt Japans, das absolute Non-Plus-Ultra: Kyoto. Eine Stadt voller Tempel, Schreine und wunderschönen alten Gassen. Frauen wie Männer in Kimonos, soweit das Auge reicht, Kirschbäume an so gut wie jeder Straße und gemütliche Parks mit Teehäusern, in denen man traditionelle Teezeremonien verfolgen kann. Und trotzdem ist mit diesen alten Traditionen die Moderne so elegant vereint, dass man kaum den Übergang erkennen kann. Kyoto hat einen der modernsten Bahnhöfe der Welt, neben der alten Burg und dem Kaiserpalast findet man Shoppingmalls, riesige Spielecenter und noch so einiges mehr. Eins war klar: wenn wir schon zur Kirschblüte in Japan sind, dann müssen wir während der vollen Blütezeit genau dort hin. Aber genau das haben sich viele Andere auch gedacht. Es war eine scheinbar hoffnungslose Angelegenheit…

Um trotzdem irgendetwas von Kyoto zu sehen, quartierten wir uns für eine Woche im ca. 150 km entfernten Nagoya ein und besorgten uns für jene Woche noch in Kuala Lumpur den Japan Rail Pass. Japan ist bekannt für seine Shinkansen-Züge, die zu den Schnellsten der Welt gehören. In wenigen Stunden kann man mit ihnen Großteile des Landes durchqueren und dabei auch noch unglaublichen Komfort genießen. Mit dem Japan Rail Pass kann man je nach Wunsch und finanziellen Möglichkeiten eine, zwei oder drei Wochen lang unbegrenzt so weit und so viel man möchte mit den staatlichen Zügen fahren, sowohl mit den normalen lokalen Zügen als auch mit den meisten Shinkansen. Ausgeschlossen sind lediglich die zwei schnellsten Shinkansen, die mit ca. 300-340 km/h durch das Land brausen und nur in den Metropolen halten. Aber selbst der Hikari, mit dem wir größtenteils unterwegs waren, ist mit gut 270 km/h unterwegs und so konnten wir die 150 km von Nagoya nach Kyoto in 37 Minuten zurücklegen und bequeme Tagestrips dorthin machen. Den Japan Rail Pass gibt es aber ausschließlich für ausländische Touristen und deswegen kann man ihn innerhalb Japans überhaupt nicht erwerben, sondern nur bei lizensierten Reiseagenturen im Ausland, wie eben glücklicherweise auch in Kuala Lumpur.

Und so kam es, dass wir uns doch noch vier Tage lang Kyoto anschauen konnten. Eigentlich war es gar nicht geplant so oft dorthin zu fahren, aber an zwei Tagen hat es leider so stark geregnet, dass wir unseren Ausflug bis auf die Haut durchnässt abbrechen mussten. Nachdem uns bereits an den Tagen zuvor Regen in die Quere gekommen war, waren wir glücklicherweise so geistesgegenwärtig, gleich den ersten Tag in Kyoto, an dem es richtig schön sonnig und angenehm warm war, für einen ausgiebigen Spaziergang im Osten der Stadt zu nutzen, wo all die traditionellen Schönheiten aufeinandertreffen. Von kleinen versteckten Schreinen über große Tempel, die würdevoll auf Bergen thronen und über die ganze Stadt blicken bis hin zu Parks und alten Gassen mit wunderschönen japanischen Holzhäusern findet man dort alles, sofern man nicht vor einem ordentlichen Fußmarsch zurückschreckt.

Kyoto vom Kiyomizu-dera
Kyoto vom Kiyomizu-dera

Aber wenn alle Hotels der Stadt ausgebucht sind, sind eben leider auch Unmengen an Menschen unterwegs, die genau die gleichen Ziele haben wie man selbst auch. Und leider zerstört das ganz schön die Atmosphäre, sei es nun wegen dem Gedränge, der ganzen Selfie-statt-Genießen-Mentalität oder weil die Menschen einfach so unfassbar respektlos sind, dass sie noch nicht einmal davor zurückschrecken, sich am Tempelbrunnen mit dem heiligen Wasser ihre Trinkflaschen aufzufüllen. Doch während die meisten Touristen mit dem Bus von der einen Reiseführer-Empfehlung zur nächsten fahren, sind wir hauptsächlich zu Fuß unterwegs und dadurch entdecken wir so manche Ecke, die nicht weniger schön, aber dafür menschenleer ist.

Kyotos historischer Distrikt Higashiyama hat wunderschöne alte Gassen
Kyotos historischer Distrikt Higashiyama hat wunderschöne alte Gassen

Richtig schön ist auch der Nordwesten Kyotos, rund um Arashiyama. Dort befindet sich ein Wald aus Bambusbäumen, durch den ein schöner Pfad führt. Außerdem befindet sich auf einem kleinen Berg ein Park mit einer schönen Aussicht auf das angrenzende Tal, das von einem Fluss durchzogen wird. Wenn man den Berg auf der anderen Seite hinunterläuft, kommt man an eine Stelle des Flusses, wo Dutzende von Ruderbooten unterwegs sind. Die umliegenden Berge sind allesamt dicht mit Mischwald bewachsen und selbst diese sind gespickt mit zahlreichen Kirschbäumen.

Bambuswald in Arashiyama, Kyoto
Bambuswald in Arashiyama, Kyoto

Glücklicherweise ist unser Plan genau aufgegangen; als wir in Kyoto ankamen, standen die Kirschbäume in voller Blüte. Hunderte von Menschen haben in den Parks unter den Kirschbäumen ihr Picknick genossen, viele Hochzeitspaare waren für Fotoshootings unterwegs und ständig musste man anhalten um zu staunen.

Kirschblüte in Kyoto
Kirschblüte in Kyoto
Hanami (das Kirschblütenfest) im Maruyama Park, Kyoto
Hanami (das Kirschblütenfest) im Maruyama Park, Kyoto

An den übrigen Tagen in Kyoto haben wir uns noch weitere Tempel, die Burg und den Kaiserpalast angeschaut. Abends konnten wir auf dem Rückweg im Shinkansen die Füße entspannen und die vorbeirauschende Landschaft bewundern. Die Zuglinie führt vorbei an vielen kleinen Ortschaften und verschlafenen Nestern, hinter denen sich Berglandschaften erheben. An den schönen Tagen konnte man bei kilometerweiter Sicht teilweise noch den Schnee auf den Kuppen erkennen und an den verregneten Tagen hingen die Wolken so tief, dass sie sich in die vielen Täler verirrten und einen faszinierenden Anblick boten.

Der Fushimi-Inari-Schrein in Kyoto ist bekannt für seine Wege, die aus tausenden von roten Torii (so nennt man die Eingangstore von Shinto-Schreinen) bestehen, die bis zur Spitze des Berges hinaufführen und allesamt gespendet worden
Der Fushimi-Inari-Schrein in Kyoto ist bekannt für seine Wege, die aus tausenden von roten Torii (so nennt man die Eingangstore von Shinto-Schreinen) bestehen, die bis zur Spitze des Berges hinaufführen und allesamt gespendet worden.

Mit unserem Japan Rail Pass konnten wir außerdem noch einen Tagesausflug mit einer etwas größeren Entfernung in Angriff nehmen. Etwa 90 Minuten dauerte die Fahrt von Nagoya ins gut 300 km entfernte Himeji, das dafür bekannt ist, die größte und schönste Burg Japans zu haben. Das Burggelände ist riesig und beherbergt mehrere hundert Kirschbäume, die auch hier in ihrer vollen Blüte standen. Die Burg selbst steht auf einem Hügel und so zieht sich das ganze Gelände über mehrere Ebenen, von denen aus man das Meer von weißen und rosa Blüten bewundern kann. In die Burg kann man auch hineingehen, aber viel zu sehen gibt es dort nicht. In den japanischen Burgen gibt es keine Möbel und die gab es auch nie wirklich. Das Statussymbol waren hier vielmehr die Wandmalereien, was auch der Grund dafür ist, dass man an den meisten Wänden Abbilder von Tigern und Bambus findet. Bambus ist gewinnbringend und Tiger sind majestätisch, aber zugleich furchteinflößend. Die Burg von Himeji erstreckt sich jedoch über mehrere Etagen, in denen es kaum abgetrennte Zimmer und dementsprechend auch keine bemalten Wände gibt (an den Außenwänden sind ja Fenster). Außerdem quetschen sich auch hier massenweise Menschen durch die Räume, sodass man gar keine Zeit zum Schauen hat, sondern ständig weitergeschoben wird. Da gibt es durchaus schönere Burgen. Von außen jedenfalls glaube ich gerne, dass die Burg von Himeji die Schönste ist.

Burg Himeji
Burg Himeji

Von Nagoya selbst haben wir letzten Endes leider gar nicht viel gesehen, obwohl die Stadt durchaus so Einiges zu bieten hat. Aber Burgen und Parks und Tempel und Schreine und sogar Kirschbäume haben wir in den letzten Wochen ja genug gesehen und so war es auch nicht schlimm, dass wir uns auf den Weg zum nächsten Hotel in einem kleinen Nest nahe dem Flughafen von Osaka gemacht haben, von dem aus unser Flug zurück nach Kuala Lumpur gehen sollte. Eigentlich wollten wir das Hotel als Ausgangspunkt für einen Ausflug nach Osaka nutzen, aber dummerweise stellte sich heraus, dass es so weit ab vom Schuss liegt, dass wir uns Osaka doch lieber für ein anderes Mal aufgehoben haben. Stattdessen begnügten wir uns damit, zum nahegelegenen Stausee zu spazieren und einmal am Tag mit dem kleinen Dorfbus (ein 10-Sitzer, in dem wir meist die einzigen Fahrgäste waren) zum 5 km entfernten Supermarkt zu fahren und uns von den Einwohnern anstarren zu lassen, die auf ihren Straßen wahrscheinlich noch nie Ausländer gesehen haben. Den Rest der Zeit verbrachten wir im Hotel. Aber auch das war nicht weiter schlimm, denn das Hotel versprach Spiel, Spaß und Spannung. Mit Whirlpool, Karaokeanlage, großem Flatscreen und einer Wii auf dem Zimmer ist es – so dachten wir jedenfalls – das ideale Hotel, um nach einigen anstrengenden Wochen mal zwei Tage zu entspannen. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass es sich hierbei um eine Art Hotel handelt, die noch viel mehr Spaß bietet als wir erwartet hatten…

– Tini

Shizuoka

Auf den ersten Blick scheint der Ort nicht viel zu bieten, auf den zweiten Blick nicht sehr viel mehr. Beim Schlendern durch das Stadtzentrum sind wir gleich auf die erste und einzige Sehenswürdigkeit gestoßen, eine alte Burg. Leider ist von dieser nicht mehr viel übrig geblieben, außer einigen restaurierten Überresten der Außenmauern. Allerdings wird sie immer noch von einem breiten Wassergraben umringt, in dem sich die Kois und einzelne Schildkröten tummeln. Im Inneren findet man heute viel freie Fläche, einen japanischen Garten, Kirschbäume und Veranstaltungsplätze. Unter den vielen Kirschbäumen, die inzwischen immer mehr blühten, tummelten sich immer mehr Leute zum Picknicken, sodass man langsam kaum noch einen Platz unter den Bäumen finden konnte. Wir hatten aber auch gar nicht vor dort zu verweilen, weil wir wussten, dass wir irgendwo auf dem Gelände einen Blick auf den Fuji haben müssten. Und nach einem kurzen Abstecher durch den wunderschön angelegten japanischen Garten erblickten wir durch die Baumspitzen am östlichen Rand den Vulkan. Also sind wir schnell hingelaufen um ihn zu bestaunen. Und wahrlich, der Anblick ist überwältigend! Der Vulkan überragt mit seiner schneeweißen Kuppe einfach Alles. Scheint die Sonne, dann reflektiert der Schnee auf der Spitze das Licht so stark, dass man die Konturen der Spitze problemlos aus großer Ferne sehen kann, auch wenn man den Sockel nicht erkennt.

Nachdem wir mehrere Wochen im warmen Südostasien verbracht haben, waren in Japan nicht nur die Temperaturen eine Umgewöhnung für uns, sondern auch die Tatsache, dass es hier nicht immer nur Sonnenscheinwetter gibt. Als am zweiten Tag Regen unsere Pläne durchkreuzte, verbrachten wir einen Ruhetag in Shizuoka und schauten uns dabei das vielfältige Essensangebot an. So gibt es viele Läden, die allerlei Süßigkeiten anbieten, von traditionellen Keksen über süßes französisches Gebäck bis hin zu interessant gefüllten Windbeuteln. Natürlich aßen wir nicht nur Süßes, sondern meistens richtige Mahlzeiten. In einem kleinen Laden die Straße bei uns runter gab es Ramen, was eine Form von Nudelsuppe ist. Wie so oft hier in Japan geht man dort an einen Automaten neben dem Eingang, wirft Geld ein, drückt auf die Taste für sein gewünschtes Gericht und erhält anschließend eine Essensmarke, die man dem Kellner gibt. Dieser fragt noch wie weich oder hart und wie scharf die Nudeln sein sollen. Vom Tresen aus kann man dann gut zuschauen wie die Nudeln zubereitet werden, bis einem die dampfende Schüssel hingestellt wird. Die Variationen sind dabei überraschend vielfältig, aber allesamt extrem lecker! Wir haben hier bisher noch nicht eine Mahlzeit gefunden, die nicht gut schmeckte. Für uns ist dieses Land von der Küche her das Beste der bisher Bereisten. Ich schreibe bewusst von den bisher bereisten Ländern, denn insgesamt war das beste Essen bisher das Südkoreanische. Dadurch hat es Südkorea auf unsere Must-Do-Liste geschafft.

Am letzten Tag in Shizuoka haben wir dann das schöne Wetter genutzt, um zu einem bekannten und beliebten Aussichtspunkt nahe der Stadt zu fahren. Der Ausblick auf den Fuji, das Meer, die angrenzenden Buchten und die Städte ist überragend. Hier bestaunten wir nicht nur den Fuji, sondern auch wie die Japaner ihr Land bebauen. Schon auf unseren bisherigen Zugfahrten wunderten wir uns, wieso wir nie freie Landschaft sahen. Es reiht sich eine Stadt an die Nächste, ohne Unterbrechung, sondern lediglich durch die angrenzenden Berge akribisch begrenzt. Die Berge selbst sind, von einzelnen Tempeln und Schreinen abgesehen, weitestgehend unberührt. So wie auch bei unserem Aussichtspunkt. Von diesem stiegen wir in eine Seilbahn und fuhren 5 Minuten zur nächsten Hügelkuppe mit Tempel. Dieser wäre zwar auch über 1194 Stufen zu erklimmen gewesen, aber die sind wir nach der Tempelbesichtigung lieber nur hinab gelaufen.

Ausblick von Nihondaira
Ausblick von Nihondaira

– Fab

Warten auf Sakura

Bei all der Vorfreude und den Erwartungen, die wir an Japan hatten, konnten wir ja eigentlich nur enttäuscht werden. Wir hatten schon befürchtet, dass unsere Vorstellungen von diesem Land vielleicht etwas zu träumerisch und perfekt waren. Aber Japan hat es tatsächlich geschafft, unsere Erwartungen zu übertreffen. Das Land ist vielfältig und hochmodern (wo findet man schon automatisch vorgewärmte Toilettensitze?), der Lebensstandard extrem hoch und die Menschen so unfassbar freundlich, dass man am liebsten sofort Japanisch lernen möchte, um die Freundlichkeit zu erwidern. Das ist das Komische in Japan; obwohl wir ja nun offensichtlich Ausländer sind, versuchen die ganzen Japaner, sich in ihrer Sprache mit uns zu unterhalten. Selbst wenn sie Englisch verstehen, wird immer nur auf Japanisch geantwortet. Aber immer super freundlich. Uns tut es immer richtig leid, dass wir kein Wort verstehen. Erstaunlicherweise ist Englisch hier generell deutlich weniger verbreitet als in Südostasien, was uns das Reisen natürlich ungeheuer erschwert. Während man zum Beispiel in Südostasien fast überall englische Speisekarten findet, muss man hier entweder vollkommen blind oder nach Bildchen sein Essen bestellen. Trotzdem hätten wir am liebsten sofort all unsere gebuchten Flüge gecancelt und weitere zwei Monate für dieses Land eingeplant. Aber auf Neuseeland wollen wir ja genauso wenig verzichten und deswegen müssen wir uns hier mit drei Wochen zufrieden geben. Leider scheint die Uhr hier viel schneller zu laufen als an den Orten, an denen wir bisher waren. Wir haben das Gefühl, gerade erst angekommen zu sein und doch ist die erste Woche schon wieder vorbei.

Die ersten zwei Tage haben wir in Tokyo verbracht. Nur zwei Tage in dieser Stadt zu verbringen grenzt schon fast an Blasphemie, aber es war eben einfach alles in unserem Budgetbereich ausgebucht. Also haben wir versucht, das Beste aus der kurzen Zeit zu machen und haben uns zwei Tage lang die Füße wund gelaufen. Es ist schwer sich zu entscheiden, welche Viertel man sich anschaut, denn jedes der Viertel im Zentrum hat seinen eigenen Charme und irgendetwas Besonderes zu bieten. Angefangen haben wir mit Chiyoda, dem historischen Zentrum von Tokyo, in dem der Kaiserpalast und die Regierungsgebäude zu finden sind. Obwohl die Gärten des Kaiserpalasts sonntags eigentlich zugänglich sein sollten, waren sie an diesem Tag leider aus irgendeinem Grund geschlossen. Stattdessen sind wir dann durch hübsche Parks und die Nobel-Einkaufsmeile Ginza spaziert. Dort befindet sich auch das Sony Building mit mehreren Vorführungsräumen, in denen man die neuesten Sony-Produkte ausgiebig testen kann. Natürlich konnte ich es nicht lassen, eine der schicken Spiegelreflexkameras in die Hand zu nehmen und an der eigens zum Testen aufgebauten Miniaturlandschaft auszuprobieren. Zum Glück waren die Sofas vor den riesen Fernsehern und den Spielekonsolen alle besetzt, sonst hätten wir definitiv noch mehr Zeit verloren… Als sich der Tag dann langsam dem Ende neigte, machten wir uns auf zu unserem letzten Ziel, dem Tokyo Tower. Wir haben uns zwar nicht getraut, zur Aussichtsplattform hochzufahren, aber auch von unten ist der Tokyo Tower durchaus ziemlich beeindruckend.

Tokyo Tower

Den zweiten Tag in Tokyo haben wir dann im Ueno-Park und dem Tempelviertel Asakusa verbracht. Abends konnten wir es uns nicht nehmen lassen, durch das Manga- und Animeviertel Akihabara mit seinen unzähligen Läden zu schlendern. Viel gesehen haben wir von Tokyo noch lange nicht, aber das ist nicht schlimm. Wir kommen wieder, so viel steht fest.

Senso-ji (buddhistischer Tempel) in Asakusa, Tokyo
Senso-ji (buddhistischer Tempel) in Asakusa, Tokyo
Tokyo
Tokyo

Dieses Mal sind wir ja in erster Linie auch aus einem ganz bestimmten Grund nach Japan gekommen: der Sakura. Sakura ist die japanische Kirschblüte, eines der wichtigsten Symbole der japanischen Kultur. Nun könnte man sich fragen, was daran so besonders ist, denn Kirschbäume haben wir in Deutschland ja auch. Aber in Japan gibt es nicht mal hier, mal da einen Kirschbaum im Garten. Jedes Dorf hat seine Kirschbäume und jede Stadt hat mindestens einen Park oder eine Straße mit hunderten von Kirschbäumen. Zwischen Ende März und Anfang Mai wandert die Kirschblüte einmal von Süden nach Norden durch das ganze Land und lässt jeden Ort ca. eine Woche lang in rosa Blüten erstrahlen. Wenn es soweit ist, wird in den jeweiligen Orten Hanami, das Kirschblüten-Fest gefeiert. Tausende von Menschen versammeln sich in den Parks, picknicken unter den Bäumen und feiern die Kirschblüte und den Frühlingsbeginn. Inzwischen rückt die Kirschblüte immer näher, die ersten Knospen haben sich schon geöffnet und wenn man durch die Straßen und Parks spaziert, wird einem so langsam das Ausmaß der Sakura bewusst. Wir haben aufgehört zu zählen, wie oft am Tag wir sagen „In fünf Tagen sieht es hier bestimmt absolut atemberaubend aus“.

Kirschbäume im Ueno-Park, Tokyo
Kirschbäume im Ueno-Park, Tokyo

Letztendlich ist es also schon fast egal, wo in Japan man sich zur Kirschblüte befindet und so haben wir uns vorerst von Tokyo verabschiedet und sind nach Yokohama gefahren, der zweitgrößten Stadt Japans, die direkt neben Tokyo liegt. Yokohama selbst ist eine hübsche Stadt, die aber recht wenige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Am besten lässt sich die Stadt gemütlich am Hafen genießen, wo man vom Osanbashi Pier eine tolle Aussicht auf die Stadt und das Hafengebiet hat. Richtig Glück hatten wir am ersten Abend, als wir auf dem Pier standen und nach fünf Minuten auf die Skyline starren plötzlich den gut 100 km entfernten Fuji entdeckten. Wir waren genau zur richtigen Zeit da, um zu sehen, wie hinter dem Fuji die Sonne unterging und er dadurch als Silhouette sichtbar war. Als wir vormittags noch einmal zum Pier gegangen sind, um den Vulkan im Hellen zu sehen, konnten wir nur noch anhand des Fotos vom Abend erkennen, wo er ungefähr zu sehen sein müsste. Wir haben kurz gerätselt, ob der helle Fleck am Himmel eine Wolke oder die Schneekuppe ist, dann haben wir aufgegeben.

Yokohama mit dem Fuji im Hintergrund
Yokohama mit dem Fuji im Hintergrund

Vom Pier aus ist es nicht weit zur zweitgrößten Chinatown der Welt und zum Baseball Stadion der BayStars. Baseball ist – abgesehen vom Kampfsport – der Volkssport Nr. 1 in Japan und wenn man die Chance hat, sollte man sich eigentlich auch mal ein Spiel anschauen. Da unser Hotel direkt neben dem Stadion lag, hätte sich das natürlich auch angeboten, aber das nächste Spiel war leider genau am Tag unserer Abreise aus Yokohama und eine Verlängerung des Aufenthalts war nicht möglich, denn – man ahnt es schon – das Hotel war ausgebucht. Inzwischen wissen wir auch warum und dass es ohnehin hoffnungslos gewesen wäre, Tickets für das Spiel zu bekommen, denn gespielt haben die Yokohama BayStars gegen die Tokyo Giants, scheinbar DAS Ereignis überhaupt.

Ansonsten findet man in Yokohama noch einen recht schönen japanischen Garten, den Sankei-en Garden. Japanische Gärten gefallen uns richtig gut, nicht nur weil sie schön aussehen und viel Ruhe bieten, sondern auch weil es dort oftmals Schildkröten und gigantische Riesen-Kois gibt. Und wenn ich riesig sag, dann meine ich auch riesig. Wir haben Dinger gesehen, die waren bestimmt einen Meter groß! Und Hand hoch: Wer wusste, dass Kois bis zu 60 Jahre alt werden können?

Von Yokohama aus haben wir noch einen Tagesausflug in die Tempelstadt Kamakura gemacht. Es ist wirklich unglaublich, wie viele Tempel und Schreine es dort gibt. Wir wollten mit den Kleinsten anfangen und uns dann im Laufe des Tages zu den richtig Großen vorarbeiten, von denen alleine es schon gute zehn Stück über die 170.000 Einwohner-Stadt verteilt gibt. Geschafft haben wir nur einen kleinen Bruchteil. Wer nicht nur die ganzen Hauptattraktionen abfahren will, der sollte dort also auf jeden Fall mehr als einen Tag einplanen. Aber auch wenn wir die großen Tempel letztendlich gar nicht gesehen haben, konnten wir doch einige sehr eindrucksvolle (und menschenleere) Tempel sehen. Im Stadtzentrum gibt es neben den Tempeln außerdem eine große Allee mit Kirschbäumen, die natürlich gerade jetzt besonders sehenswert ist. Leider wird sie gerade gebaut und scheinbar wurden dafür sämtliche Kirschbäume entfernt.

Inzwischen sind wir im weniger spannenden Shizuoka angekommen, wo wir auf den Höhepunkt der Sakura warten.

Bis dahin,
Sayonara

– Tini