Ho Chi Minh City (Saigon)

Nachdem wir nun also Kambodscha verlassen haben, machen wir uns auf den Weg durch das vielseitige Vietnam. Nach einigem Hin und Her haben wir uns entschieden, von Kampot aus direkt nach Ho Chi Minh City zu fahren – oder Saigon, wie es die Südvietnamesen noch immer nennen (Saigon war einst die Hauptstadt Südvietnams, mit der Wiedervereinigung Vietnams nach dem Vietnamkrieg wurde die Stadt aber nach dem Präsidenten Nordvietnams, Ho Chi Minh, umbenannt). Eigentlich wollten wir vorher noch das Mekong-Delta erkunden, aber wir wussten nicht so recht wie und so entschieden wir uns, eine Tour von Saigon aus zu buchen.

Da die Fahrt einige Stunden dauern sollte, nahmen wir den Nachtbus, eine beliebte Alternative für Backpacker, weil man nicht nur einen Tag einspart, sondern auch Übernachtungskosten. Der Busfahrer konnte leider kein Wort Englisch und versuchte genervt, uns mit Händen und Füßen zu erklären wie das Ganze funktioniert. Nachtbusse haben nämlich keine normalen Sitze, sondern Liegen, die im Falle unseres Busses als Doppelstockbetten gestaltet und in drei Reihen angeordnet waren. Für Fab waren die Liegen leider viel zu klein und die Fahrt damit eher eine Qual. Und natürlich waren wir mal wieder die einzigen Ausländer im Bus. Aber okay, dachten wir uns, wir fahren ja in eine rießige Weltmetropole, da wird man sich ja mit irgendwem verständigen können. Aber – man ahnt es schon – es sollte natürlich wieder anders kommen.

Geplante Ankunftszeit war 5.00 Uhr, mit der obligatorischen Verspätung also eine gute Zeit, um fix zu frühstücken und sich dann gemütlich eine Bleibe zu suchen. Allerdings hielt der Bus schon kurz vor 2 Uhr auf einem großen Busparkplatz und der Busfahrer sagte nur „Saigon“. Keiner konnte uns erklären, wo genau wir waren und was eigentlich gerade vorging. Alle anderen Fahrgäste saßen schon längst in einem Minivan, bevor wir überhaupt darüber nachdenken konnten, was wir nun machen. Also sind wir einfach mit eingestiegen und ließen uns überraschen, wo wir landen würden. Dummerweise kamen wir ja aber gerade aus einem anderen Land und hatten überhaupt kein vietnamesisches Geld dabei, um den Minivan zu bezahlen. Glücklicherweise stellte sich mit der Zeit heraus, dass es sich bei dem Minivan um einen kostenlosen Shuttleservice vom Arsch der Welt bis dorthin handelte, wo der Hund begraben lag. Soll heißen, wir wurden vom Stadtrand aus etwas weiter in die Stadt hinein gefahren, aber obwohl es gerade mal 2 Uhr in einer Millionenmetropole war, haben wir kaum Menschen auf der Straße gesehen, alles war wie leer gefegt. Und mitten im Nirgendwo wurden wir dann wieder abgesetzt. Saigon ist übrigens bekannt dafür, keine sonderlich sichere Stadt zu sein. Nachts allein offensichtlich planlos mit dem gesamten Gepäck auf unbelebten Straßen zu stehen ist also irgendwie nicht so geil. Glücklicherweise hatten wir uns vorher noch informiert, wo die Backpackerstraße liegt und so suchten wir schnell einen Geldautomaten („Juhu, wir sind Multimillionäre!“) und ein Taxi. In der Backpackerstraße (Bui Vien) wurden wir mit unzähligen Neonschildern, lauter Musik und Massen an feiernden Menschen empfangen. Scheinbar hat sich ganz Saigon hier versammelt. Also schnell in die nächstbeste Unterkunft (so viel zum Übernachtungskosten Sparen) und ab ins Bett, denn inzwischen war es schon fast 4 Uhr.

Am nächsten Morgen sahen wir dann wieder das allzu vertraute Bild: Die Fußwege mit Mopeds und Straßenständen zugebaut, die Straßen voller wirrem Verkehr und Fußgängern. Nur dass hier alles um ein Vielfaches voller ist. Die Stadt quillt förmlich über durch all die Menschen, Autos und vor allem Mopeds. Saigon ist mit seinen 10 Mio. Einwohnern die größte Stadt Vietnams (das sind mehr Einwohner als in Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt zusammen!) und mit seinen 6 Mio. Mopeds (!) einfach nur verrückt. Eine Straße ohne fahrende Mopeds zu überqueren ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit, da ständig von irgendwo nach überall Mopeds fahren, wobei natürlich auch rote Ampeln kaum eine Rolle spielen. Es ist einfach unvorstellbar, was in dieser Stadt los ist. An jeder Kreuzung stehen gefühlt 1.000 Mopeds und Fußgängerampeln gibt es so gut wie überhaupt nicht. Man muss einfach loslaufen, mitten auf die dicht befahrene Hauptstraße und jede noch so kleine Lücke nutzen. Die Unmengen an Mopedfahrern umfahren einen einfach, deswegen sollte man niemals nie nie nie den Fehler machen, auf der Straße stehen zu bleiben, auch wenn jemand noch so schnell auf einen zugefahren kommt. Wenn man mit gleichbleibender Geschwindigkeit läuft, können die Mopedfahrer einen einschätzen, aber nicht wenn man plötzlich vor Schreck stehen bleibt. Wer sich alleine nicht traut, hängt sich entweder an andere Passanten oder sucht sich einen der Touri-Lotsen, der verängstigten Touristen über die Straße hilft. Es ist einfach unfassbar!

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Im Stadtzentrum, dem Distrikt 1, lässt sich das Wichtigste zu Fuß erreichen, wenn man nicht von der ganz faulen Sorte ist. Empfehlenswert sind vor allem das Kriegsrestemuseum und der Wiedervereinigungspalast. Die Pagode des Jadekaisers sollte man sich schon alleine anschauen, um zwei Straßen weiter im Kimchi Kimchi essen gehen zu können, einem süßen koreanischen Restaurant, indem wir für insgesamt nicht mal 4 EUR grandioses Schnitzel und Sushi gegessen haben.

Jedenfalls haben wir erstaunlich viel Zeit im Kriegsrestemuseum verbracht und versucht, die Geschichte des Vietnamkriegs zu verstehen. Das Museum ist absolut überwältigend und jagt einem Schauer über den Rücken mit seinen nachgebauten Gefängniszellen und all den Informationen und originalen Fotos aus dem Krieg. Der Krieg hat hier wirklich die komplette Wirtschaft zerstört und einen Großteil der Bevölkerung ausgelöscht. Tatsächlich sind ganze zwei Drittel der heutigen Einwohner Vietnams erst nach dem Krieg geboren.

Lohnenswert ist auch ein Ausflug zum Mekong-Delta. Wir haben uns das Delta mit zwei einzelnen Tagestouren angeschaut. Obwohl beide sehr schön waren, haben wir uns doch geärgert, dass wir direkt nach Saigon gefahren sind. Wer in der Gegend unterwegs ist, sollte unbedingt nach Can Tho und zum Tra Su Wald nach Chau Doc fahren, denn das lässt sich von Saigon aus nicht machen.
Stattdessen sind wir am ersten Tag mit TNK Travel nach My Tho gefahren, dort mit dem Boot etwas über den Mekong und durch die Kanäle geschippert und haben uns eine kleine Bienenfarm und einen kleinen Familienbetrieb angeschaut, der Süßigkeiten aus Kokosnusssaft herstellt. Am zweiten Tag waren wir wieder mit TNK Travel unterwegs, dieses Mal in einer kleinen Gruppe von sieben Mann. Wir haben die schwimmenden Märkte von Cai Be und weitere kleine Familienbetriebe besucht, die wirklich alles Mögliche aus Reis und Kokospalmen herzustellen wissen (Süßigkeiten, Schnaps, Geschirr und sogar ganze Häuser). Anschließend sind wir mit Fahrrädern durch die Obstgärten gefahren und haben zusammen mit Einheimischen unser Mittagessen gekocht.

Und damit schicken wir erstmal liebe Grüße an das kalte Deutschland. Wir leiden mit euch, da wir hier die kältesten Tage seit 10 Jahren miterleben. Die armen Vietnamesen haben teilweise schon ihre dicken Winterjacken ausgegraben für die 16 °C am frühen Morgen.

– Fab & Tini

Top Saigon: Kimchi Kimchi (Koreanisches Restaurant bei der Pagode des Jadekaisers, 112 Dinh Tiên Hoàng), ABC Bakery (223 – 225 Pham Ngu Lao), Kriegsrestemuseum

Flop Saigon: Abzocke an Straßenständen

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