Und, wie lebt sich’s so als Backpacker?

Nach inzwischen drei Wochen auf Achse wird es Zeit, mal ein paar Worte über das Backpackerleben an sich zu verlieren. Wie kommt man mit seinen Vorbereitungen, dem Budget und der Umstellung des Lebensstils zurecht?

Natürlich ist der Lebensstandard hier ein ganz anderer als zu Hause in Deutschland. Und auch die Lebensweise und die Traditionen der Einheimischen unterscheiden sich grundlegend von unseren. Klar ist es da nicht immer leicht, sich an die vielen Veränderungen zu gewöhnen und sich richtig zu verhalten. Zum Beispiel sind öffentliche Liebesbekundungen wie Küssen oder auch nur Händchenhalten hier ein absolutes No-Go. Frauen ist es verboten, sich neben Mönche zu setzen und wenn man Schultern oder Knie zeigt, fühlen sich die Einheimischen völlig auf den Schlips getreten. Das Leitungswasser ist für europäische Bäuche nicht geeignet, weswegen man nicht nur auf Eiswürfel, Salat, ungeschältes Obst und vieles andere verzichten muss, sondern auch zum Zähneputzen am besten Wasser aus der Flasche nimmt. Immer wieder kommen Kinder und alte Menschen um zu betteln, von allen Seiten wird „Tuk-Tuk, Sir?“ gerufen und die Hygiene der Einheimischen ist gewiss kein Traum. Wenn man sich in der Öffentlichkeit die Nase putzt, dann erntet man von den Älteren missbilligende, fast schon angewiderte Blicke, während andere – letztens erst erlebt – sich schnell wegdrehen, weil sie sich das Lachen nicht verkneifen können. Generell sind viele der älteren Menschen von Ausländern ganz und gar nicht begeistert – ganz im Gegensatz zu den Kindern, die einem immer freudig winken. Der Kampot Survival Guide hat dazu den Begriff „Hello-Ambushes“ (= Hallo-Hinterhalte) geprägt, an dem wir sehr Gefallen gefunden haben, denn es stehen wirklich ständig Kinder hinter einem, die begeistert „hello“ rufen und sich freuen wie ein Schnitzel, wenn man grinsend zurückwinkt. Die Liste ließe sich ewig weiter führen. Andere Länder, andere Sitten…

Mit der Umstellung sind wir aber glückerlicherweise erstaunlich gut zurechtgekommen. Wir versuchen natürlich, uns den Verhaltensweisen der Einheimischen anzupassen und nicht respektlos zu sein. Aber alle Angewohnheiten will man dann ja doch nicht ablegen. Auf Taschentücher werden wir sicher nicht verzichten.

Jedenfalls war es eine gute Entscheidung, die Umgewöhnung Schritt für Schritt anzugehen. Für unseren ersten Stopp in Bangkok hatten wir uns noch ein Hotel gebucht, mit einer richtigen Dusche, einem bequemen Bett, täglicher Zimmerreinigung und allem drum und dran. Der Preis war dementsprechend hoch und unser verbleibendes Tagesbudget für Essen und Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt. Deswegen ging es mit den Unterkünften langsam abwärts. Wichtig ist und bleibt uns bei der Wahl unserer Unterkunft, dass wir ein eigenes Zimmer mit eigenem Bad haben und alles sauber genug ist, um es bedenkenlos benutzen zu können (unser Anspruch an Sauberkeit ist allerdings recht hoch). Ohne eigenes Handtuch und Schlafsack-Inlett kommt man aber trotzdem nicht aus.

Leider ist es uns anfangs wirklich schwer gefallen, mit dem einkalkulierten Tagesbudget zurechtzukommen. Viel zu oft mussten wir auf leckeres Essen verzichten, um den Geldbeutel zu schonen und das sollte ganz sicher nicht Sinn und Zweck unserer Reise sein. Obwohl Kambodscha als äußerst billiges Land bekannt ist, schienen uns Essen und Getränke nicht wesentlich günstiger als zu Hause. Dementsprechend machte sich schon in den ersten Tagen eine ziemliche Unruhe in uns breit. Wir mussten uns also endlich von den gut aussehenden Restaurants verabschieden und uns an die Straßenstände und einfachen Lokale mit ihren Plastikstühlen herantrauen. Nachdem wir uns erst einmal überwunden hatten, haben wir schnell festgestellt, dass man auch dort gut essen kann, wenngleich man immer darauf achten muss, was man bestellt. Gerade an solchen Ständen ist Leitungswasser ein Problem und man weiß nie, wie lange das Fleisch schon in der Hitze gelegen hat. Aber grundsätzlich sollte einem eines klar sein: In Südostasien kommt die Lebensmittelvergiftung ganz sicher und dann hat man besser eine gut durchdachte Reiseapotheke dabei!

Jedenfalls kommen wir inzwischen ganz gut mit unserem Budget über die Runden. Nachdem wir unsere Ansprüche an die Unterkünfte und Lokale heruntergefahren und die großen teuren Städte verlassen haben, leiden wir kaum noch an knurrenden Mägen und können uns endlich gönnen, worauf wir gerade Lust haben. Und wer kann bei 50 Cent für einen Kaffee und bei 90 Cent für einen frisch zubereiteten Fruchtshake schon meckern…

Ein großer Kostenfaktor ist übrigens auch zu schnelles Reisen. Klar, wer mehr rumkommen möchte, der muss auch mehr für den Transport hinlegen. Aber auch hier haben sich unsere Pläne schnell geändert. Wir haben vor der Reise zwar keine genaue Route mit Zeitangaben festgelegt, aber zumindest haben wir überlegt, wie lange wir ungefähr in einem Land bleiben wollen. Schon jetzt, nach gerade einmal drei Wochen, hängen wir voll hinterher und haben unseren weiteren Plan weitgehend verworfen. Das ist nicht weiter schlimm, denn genau deswegen wollten wir uns vorher ja nicht festlegen. Uns hat es eben in Kambodscha gefallen und wir brauchten eben auch unsere Ruhetage, weil man nun mal nicht jeden Tag von früh bis Abend auf Besichtigungstour sein kann. Und man verliert hier auch unglaublich viel Zeit für Busfahrten. Selbst wenn eine Busfahrt eigentlich nur zwei Stunden dauert, geht mindestens ein halber Tag verloren, einfach weil man Stunden mit Warten verbringt und die Fahrt ungeheuer anstrengend sein kann. Und wenn man am Ziel ankommt, muss man sich auch erstmal zurechtfinden, eine Unterkunft suchen und die Gegend erkunden.

Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt: das Gepäck. Es ist wirklich schwer, beim Packen der Rucksäcke das richtige Maß zu finden. Zumindest waren wir schlau genug, uns relativ kleine Rucksäcke zu kaufen, um unser Gepäck an die Rucksäcke anzupassen und nicht die Rucksäcke an das Gepäck. Nur leider haben wir eben genau den Fehler gemacht, unser Gepäck an die Rucksäcke anzupassen, frei nach dem Motto: „Da ist doch noch Luft, da geht noch was.“ Es ist ja nicht so, als hätten wir irgendwelches sinnloses Zeug dabei. Nein, alles was wir eingepackt haben, benutzen wir auch. Deswegen haben wir’s ja eingepackt. Aber mit weniger Gepäck wäre es definitiv auch gegangen. Wir beneiden wirklich jeden, der mit 35-40 Litern unterwegs ist oder dessen Rucksack halb leer ist. Meistens sind das natürlich Männer. Die Mädels schleppen lieber zugestopfte 70 Liter – Rucksäcke mit sich rum. Wie die das schaffen, ist uns ein absolutes Rätsel. Unsere 45 und 50 Liter – Rucksäcke wiegen schon jeweils so um die 15 kg und es macht wirklich gar keinen Spaß, die Teile durch die Gegend zu schleppen. Selbst das Packen dauert ewig, weil man einfach jedes Mal Tetris spielen muss. Es ist schon jedes Mal fast wie Weihnachten, wenn endlich wieder etwas leer wird und im Müll landet.

Unsere Tipps für Reisende in der Vorbereitungsphase:

  • Wie wir schon oft gelesen und dennoch gekonnt ignoriert haben: Legt alles, was ihr unbedingt braucht, auf einen Haufen und nehmt davon nur die Hälfte mit. Alles, was man wirklich braucht, brauchen die Einheimischen auch, d.h. man kann es irgendwo kaufen oder mit etwas Kreativität ersetzen (z.B. Taschentücher durch Servietten).
  • Informiert euch jeweils vor der Ankunft am nächsten Ziel über den Ort. Schaut, was ihr unbedingt sehen oder machen wollt, welche Viertel gut und welche lieber zu umgehen sind. Es bringt nichts, Geld an der Unterkunft zu sparen, wenn man es stattdessen für Tuk-Tuks und teures Essen ausgibt, weil man am Arsch der Welt gelandet ist. Oder noch schlimmer: auf Unternehmungen verzichtet, weil man keine Lust hat, den Weg bis in die Stadt auf sich zu nehmen.
  • In den ersten Wochen lieber mehr Budget einplanen, denn man muss sich erstmal eingewöhnen.
  • Keine festen Tickets buchen und auf Terminpläne verzichten. Man weiß vor der Reise nicht, worauf man unterwegs gerade Lust hat oder nicht bzw. mit welchem Reisetempo man sich wohl fühlt.
  • Wenn man nicht gerade spät abends ankommt, sollte man Unterkünfte lieber erst vor Ort suchen statt sie vorher zu buchen. Da so die Provisionen für Onlineplattformen wegfallen, sind die Unterkünfte so deutlich billiger und man kann sich die Zimmer erstmal zeigen lassen.
  • Auf keinen Fall von Lonely Planet & Co. den Blick vernebeln lassen! Es gibt so viele tolle Cafés, Restaurants und Unterkünfte, die nicht im Reiseführer stehen und man wird immer fündig, wenn man die Augen etwas offen hält. Wenn man sich nur an den Reiseführer hält, verpasst man das Meiste!

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